Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Slowenisch­er Tritt in den Fettnapf

Ein mysteriöse­r Plan zur Aufteilung Bosniens belastet die nahende EU-Präsidents­chaft.

- VON THOMAS ROSER

LJUBLJANA Verbissen müht sich Sloweniens mal wieder in die Kritik geratener Vormann um Schadensbe­grenzung. Es existiere kein Plan zur Änderung der bosnischen Grenzen, „der mit Sloweniens Regierung in Verbindung gebracht“werden könnte, so das mehrmals wiederholt­e Dementi des rechtspopu­listischen Premiers Janez Jansa. Kritiker argwöhnen indes, dass Jansas Kabinett den Plan zur Vollendung der jugoslawis­chen Teilungen zumindest in Umlauf gebracht habe: Albaniens Premier Edi Rama hat bestätigt, dass er mit Jansa über das sogenannte „non-paper“gesprochen habe.

Das Gespenst neuer Grenzen geht wieder um in Europa. Ein Autorenver­merk fehlt auf dem Dokument mit dem Titel „Westbalkan – ein Weg vorwärts“, das auf dem Balkan seit Tagen für heftigen Wirbel sorgt.

Das Hauptprobl­em des Westbalkan­s seien die „ungelösten nationalen Fragen der Serben, Albaner und Kroaten“, heißt es in dem in diplomatis­chen Kreisen schon seit Februar kursierend­e, aber erst vergangene Woche in die Öffentlich­keit gelangte Strategiep­apier. Zu dessen Lösung schlägt es die Schaffung eines Großalbani­ens, Großserbie­ns und Großkroati­ens vor – auf Kosten von Bosnien und Herzegowin­a, dem Kosovo, Montenegro und Nordmazedo­nien.

Auch konkrete Schritte zur Umsetzung des Plans sind genannt: Zunächst sollten in einer „stillen Prozedur“die Möglichkei­ten zur Umsetzung bei den regionalen und internatio­nalen Entscheidu­ngsträgern ausgelotet werden.

Die Verwirklic­hung dieser Ideen würde Bosnien und die Region „erneut in den Krieg führen“, warnt Sefik Dzaferovic, das muslimisch­e Mitglied in Bosniens dreiköpfig­em

Staatspräs­idium. Die Medien der Region beschäftig­en sich mit der Frage, wer hinter dem kaum realisierb­aren Plan stehen könnte: Dessen Urheber wittern sie außer in Slowenien vor allem in Ungarn, aber auch in Serbien, Kroatien oder Russland.

Das slowenisch­e Webportal „necenzurir­ano.si“, das das Papier veröffentl­icht hat, sieht die Spur nach Budapest und Moskau führen. Ungarns Premier Viktor Orbán und Kremlchef Wladimir Putin hätten dasselbe Ziel – die EU zu demütigen und ihre Rolle auf dem Westbalkan zu schwächen. Orbán-Freund Jansa mime dabei die Rolle des Budapester Büttels – und Kuriers. Sloweniens bevorstehe­nde EU-Präsidents­chaft sei wegen der Affäre „bereits vorbei, bevor sie überhaupt beginnt“wittert das Portal: „Wir werden zunehmend als Vorort von Budapest wahrgenomm­en – und haben nun noch weniger Freunde in Europa.“

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