Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Fahrschulen arbeiten trotz Corona wieder
Mehrere Monate mussten auch Fahrschulen pandemiebedingt schließen. Jetzt rollen die Autos weiter – mit ein einigen Hindernissen.
WERMELSKIRCHEN Wann genau ihre Fahrprüfung stattfindet verrät Emilia Grafe nicht. Lange dürfte es aber nicht mehr dauern. Die Theorie ist bestanden, die Übungsstunden sind weitgehend absolviert. Die 18-Jährige zeigt also: Den Führerschein kann man auch während der Pandemie machen. Wenn auch unter erschwerten Bedingungen. „Die Maske nervt schon etwas“, sagt Emilia Grafe, „ich bin ganz schön ins Schwitzen gekommen“. Klar, in den ersten Stunden hinter dem Steuer mag das relativ normal sein, die FFP2-Maske erschwert das Ganze aber nochmal, bestätigt auch Fahrlehrer und Inhaber von „Frank’s Fahrschule“, Frank Niewöhner: „Das ist schon anstrengender als vorher. Wir machen mehr Pausen, müssen öfter Sauerstoff tanken“.
FFP2-Masken ohne Ventil sind im praktischen Unterricht laut Corona-Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen Pflicht. Von Dezember bis März waren die Fahrschulen
„Viele Fahrschüler haben fast immer Zeit, weil ja sonst nicht viel zu tun ist“
Frank Niewöhner Fahrlehrer
ganz geschlossen, Ausnahmen gab es für die berufliche Ausbildung und zuletzt für Fahrschüler, die schon einen Großteil der Ausbildung hinter sich hatten. „Dadurch hat sich natürlich alles etwas aufgestaut, alle wollen gleichzeitig fahren“, erklärt Fahrlehrerin Anja Niewöhner. Aus Sicht der Fahrschüler sei die Pause aber deutlich schlimmer gewesen.
Für Emilia Grafe bedeutete das nämlich: mehr als zwei Monate nicht Auto fahren. „Danach brauchte ich erstmal zwei Fahrstunden, um wieder reinzukommen“, sagt sie. Auch viele andere Fahrschüler brauchen die Praxis. Die ist besonders am Anfang sehr wichtig. Ohne Corona wäre alles schneller gegangen, da ist sich Grafe sicher.
Die Kommunikation zwischen Fahrlehrer- und Schülerin ist verglichen mit der Zeit vor Corona eine andere. Es komme auch darauf an, die Mimik der Fahranfänger zu lesen, haben die Angst, sind sie entspannt? Das beschränkt sich jetzt alles auf die Augen. „Wir machen das aber mit Reden wieder wett“, erklärt Frank Niewöhner.
Eine größere Umstellung sei der Theorieunterricht gewesen. Der findet seit Wiederbeginn nur noch im Internet statt. In den Räumen an der
Telegrafenstraße kann der nötige Abstand nicht eingehalten werden. „Dafür mussten wir eine Sondergenehmigung beantragen“, erklärt Niewöhner. Die Fahrschüler sitzen dann alle zu Hause auf der Couch, im Bett oder in der Küche. Der Lehrer selbst sitzt vor der Leinwand in der Fahrschule und leitet den Unterricht. „Wir müssen zu Beginn, zwischendurch und am Ende die Identität der Teilnehmenden überprüfen“, sagt Niewöhner. So könne man sicherstellen, dass auch die Leute teilnehmen, die in der Fahrschule angemeldet sind. Die Onlinekurse sind auf 25 Personen beschränkt. „Ich war am Anfang sehr skeptisch, aber unser Konzept geht auf“, erklärt der Fahrlehrer. Mittlerweile hat er sich an den Distanzunterricht gewöhnt.
Schülerin Emilia Grafe hat die Theorie noch vor der Schließung erledigt, hat also regulär am Unterricht vor Ort teilgenommen. Dafür kam sie mit dem Bus aus Dabringhausen. Ihre Schule ist in Remscheid, auch deshalb freut sie sich auf den Führerschein: „Ich bin dann unabhängiger und deutlich mobiler“, sagt die Abiturientin.
Die Terminfindung für gemeinsame Übungsstunden klappt in der Pandemie teilweise sogar besser als davor: „Viele Fahrschüler haben fast immer Zeit, weil ja sonst nicht viel zu tun ist“, sagt Frank Niewöhner mit einem Lächeln. Trotzdem kann er durch die neuen Regelungen nicht mehr so viele Fahrten anbieten wie zuvor. „Finanziell sind die Einbußen riesig“, sagt er. Das liege besonders daran, dass die Ausgleichszahlungen bis heute nicht geflossen sind. Für die Zeit der Schließung steht den Fahrschulen nämlich eine Überbrückungshilfe zu. Die lässt aber bisher offenbar auf sich warten.
Angst vor einer Ansteckung haben derweil weder Schülerin noch Lehrer. Niewöhner testet sich und seine
Mitarbeitenden zwei Mal in der Woche, die Maske wechselt er regelmäßig, und im Büro könne ausreichend Abstand gehalten werden. „Da habe ich im vollen Supermarkt mehr Angst“, sagt er. Seine Frau Anja Niewöhner sagt, sie müsse nicht unbedingt arbeiten, die Situation sei schon anstrengend und belastend. Trotzdem ist sie froh, dass es überhaupt weitergehen kann. Besonders aus wirtschaftlicher Sicht und wegen der Schüler.
Wegen der Corona-Pandemie starten die Prüfungen derzeit übrigens alle aus Remscheid-Lütringhausen. Das sei laut Fahrlehrern eine weitere Schwierigkeit für die Schüler, weil sie das Gebiet dort überhaupt nicht kennen. Besonders in der Prüfung, bei der der Druck ohnehin schon sehr hoch ist, sei das eine zusätzliche Schwierigkeit. Während der Prüfung dürfen übrigens drei Personen im Auto sitzen. Sonst gilt die Grenze von zwei. Emilia Grafe ist zuversichtlich, zu bestehen. Trotz Maske und neuer Umgebung. Wann genau es soweit sein wird, bleibt aber ihr Geheimnis.