Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Schuldnerberatung in der Pandemie Landgericht sucht weiter den Täter
Im vergangenen Jahr wurden 381 Klienten von den Beraterinnen begleitet. Ob ein 40-Jähriger am Sparkassen-Überfall 2011 in Dhünn beteiligt war, bleibt unklar.
WERMELSKIRCHEN (resa) Die Schuldnerberatung wird in Krisenzeiten verstärkt in Anspruch genommen: 103 neue Klienten zählten Constanze Hempel und Jutta Paulig im vergangenen Jahr. Dazu kommen 278 Bürger, die schon vor der Pandemie den Kontakt zur Beratungsstelle gesucht hatten und im vergangenen Jahr weiter beraten wurden. „Bei einem großen Anteil waren Corona und der harte Lockdown im Frühling ein Auslöser für die Kontaktaufnahme“, berichten die Schuldner- und Insolvenzberaterinnen. Eigentlich hatten die Fachfrauen im Sozialausschuss
über ihre Arbeit berichten sollen, wegen der Pandemielage hatten sie ihre Bilanz schriftlich eingereicht.
Ihr Fazit: „Gerade in der Pandemie hat sich nochmal gezeigt, dass es wirklich jeden treffen kann, in die Überschuldung zu geraten.“Kurzarbeit und ausstehende Überbrückungsgelder hätten für akute Ängste und Zahlungsschwierigkeiten gesorgt. „Die Anfragen waren nicht auf ein bestimmtes Klientel begrenzt“, sagen die Beraterinnen. Ratsuchende zwischen 18 und 85 Jahren wendeten sich an die Schuldnerberatung.
„Menschen aus allen Bildungsschichten“, heißt es in dem Bericht, „ ohne Schulabschluss bis hin zu Akademikerin und Gewerbetreibenden.“Es sei zu befürchten, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen in naher Zukunft die Zahl der Betroffenen und Ratsuchenden weiter erhöhen werde, befinden Constanze Hempel und Jutta Paulig.
Eine besondere Herausforderung stellt in der Corona-Pandemie auch die Beratungssituation dar. Über lange Zeiträume habe man nur telefonischen Kontakt zu den Klienten halten können. „Eindrücke wie Mimik, Gestik und Körpersprache spielen aber eine erhebliche Rolle in der Wahrnehmung und Erfassung der Ratsuchenden“, erinnert die Fachfrauen. Das falle in der Krise nun weg.
Gleichzeitig warteten die Schuldnerberaterinnen im Corona-Jahr auf die Verabschiedung des Gesetzes zur Verkürzung der Verbraucherinsolvenzverfahren auf drei Jahre. Die Verabschiedung des Gesetzes war ursprünglich für Juli 2020 angekündigt, erfolgte aber erst Ende Dezember. „Das führte dazu, dass keine Insolvenzanträge mehr zu Gericht gegeben wurden, um das Risiko der Benachteiligung der Antragssteller zu vermeiden“, erklären die Beraterinnen.
Bereits seit 1998 gibt es die Schuldnerberatung am Markt – sie steht allen Bürgern des Kreises unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung. Ausgenommen sind Selbstständige. Bis 2017 zeichnete die Stadt als Trägerin der Beratungsstelle verantwortlich, 2018 übernahm dann die AWO Rhein Oberberg.
KÖLN/WERMELSKIRCHEN Auch der fünfte Verhandlungstag gegen einen 40-jährigen Algerier, der sich unter anderem wegen des Raubüberfalls auf die Sparkasse in Dhünn im Jahr 2010 auf der Anklagebank im Landgericht befand, brachte wenig Licht ins Dunkel.
Ob er tatsächlich einer der drei Täter gewesen ist, versuchte die 3. Große Strafkammer mit der Hilfe von Zeugen herauszufinden – eine schwierige Aufgabe, und das aus mehrerlei Gründen. Zum einen waren die Täter damals vermummt, so dass eine eindeutige Identifizierung kaum möglich war. Zum anderen ist das Stichwort „damals“von Bedeutung. Die Vorfälle lagen über zehn Jahre zurück, eine lange Zeit, in der Erinnerungen bei den Beteiligten verwässerten oder verblassten. Interessant war dabei die Aussage eines der Mittäter, der – hauptsächlich wegen seines umfangreichen Geständnisses – bereits 2015 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Diese hatte er abgesessen und war mittlerweile wieder ein freier Mann. In seiner Aussage am vierten Verhandlungstag hatte der Mann den 40-Jährigen nicht als denjenigen identifiziert, der mit ihm auf Raubzug gewesen sei.
Am fünften Verhandlungstag waren nun zwei Richter vom Landgericht Düsseldorf als Zeugen geladen. Die beiden hatten 2015 gegen zwei der Täter verhandelt. Während die
„Er hat damals gesagt, dass er einen Schlussstrich unter seine Taten ziehen wollte“
38-jährige Richterin den Namen des Angeklagten immer wieder gehört habe, meistens jedoch unter der Bezeichnung „der lange Algerier“oder unter dem Spitznamen „Shreki“, sagte der Name ihrem 60-jährigen Kollegen gar nichts. „Ich habe nur bei zwei der insgesamt 25 Taten etwas von einem beteiligten ‚Algerier‘ gehört. Der Name wurde aber nicht genannt – und wir haben es auch nicht weiterverfolgt, weil es uns damals als nicht relevant für die Verhandlung erschien“, sagte er. Die Verhandlung sei ihm insofern in guter Erinnerung, als dass vor allem der Täter, der auch vor der 3. Strafkammer ausgesagt hatte, äußerst schonungslos „gegen sich und andere Beteiligte“ausgesagt habe. „So etwas haben weder die Ermittler noch ich vor Gericht jemals erlebt. Er hat damals gesagt, dass er einen Schlussstrich unter seine Taten ziehen wollte – und das hat er mit seinem umfassenden und extrem detaillierten Geständnis auch getan“, sagte der Zeuge.
Fakt sei jedenfalls gewesen, da waren sich beide Zeugen einig, dass bei den Taten in Bergneustadt, Düren und Wermelskirchen, die dem 40-Jährigen zur Last gelegt wurden, ein „Algerier“namens „Shreki“beteiligt gewesen sei. Und der sei von einem der Mittäter in dessen Verhandlung vor mehreren Jahren als der nun in Köln angeklagte Mann identifiziert worden.
Blieb letztlich die Frage zu klären, ob der 40-Jährige, der im Oktober
Zeuge 2020, seit 2011 mit internationalem Haftbefehl gesucht, in Spanien festgenommen worden war, auch tatsächlich besagter „Algerier“namens „Shreki“war. Eine schwierige Aufgabe – deren Klärung zumindest zum jetzigen Zeitpunkt immer fraglicher wurde. Es bleibt abzuwarten, ob die Strafkammer am 30. April, so zumindest der derzeitige Stand der Dinge, zu einem abschließenden Urteil kommen kann – beziehungsweise, wie dieses ausfallen wird.