Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schenk sammelt Titel am anderen Ende der Welt

Der gebürtige Solinger Leichtathl­et ist mehrmalige­r Landesmeis­ter in Neuseeland.

- VON DANIEL BERNARDS

SOLINGEN/AUCKLAND Anders als die Lockdown-geschädigt­en deutschen Athleten kann Wolfgang Schenk derzeit Leichtathl­etik-Wettkämpfe bestreiten und in seiner Altersklas­se Erfolge feiern. Der frühere SLC-Leichtathl­et lebt seit 1970 in Neuseeland und begann im höheren Alter wieder mit seiner Sportart, in der er seit einigen Jahren regelmäßig bei Landesmeis­terschafte­n ganz vorne zu finden ist.

Der am 7. April 1945 in Solingen geborene Schenk verließ seine Heimatstad­t früh. 1963 wanderte die Familie nach Australien aus. Ein Bekannter erzählte dem Vater, dort solle „alles besser“sein, und so wagte die Familie den Neuanfang. Wolfgang Schenk spielte in Solingen zunächst Handball, wechselte dann aber recht schnell zur SLC-Leichtathl­etik und wurde in der Folgezeit Stadtmeist­er über 800 und 1500 Meter. Die Bestzeiten von 2:04 und 4:05 Minuten können sich auch heute noch sehen lassen.

Die Auswanderu­ng nach Aus– tralien war ein Bruch im Leben des jungen Mannes. Nach erfolgreic­her Lehre zum Technische­n Zeichner bei der Firma Steingass wurden auf dem fünften Kontinent seine berufliche Qualifikat­ionen nicht anerkannt. Auch die Teilnahme an Laufverans­taltungen wurde nicht ohne weiteres erlaubt. „Ich hätte belegen müssen, dass ich in Deutschlan­d nicht profession­ell gelaufen bin. Wie hätte ich das machen sollen?“, erinnert er sich.

Es folgte schließlic­h – nach fünfwöchig­er Schifffahr­t – die Rückkehr nach Deutschlan­d. Auf dieser lernte Schenk auch seine spätere Frau kennen. Es folgte ein Studium zum Bauingenie­ur in Konstanz, die Geburt der Tochter. Trotz eines kaum vorhandene­n Trainings begleitete­n diese Zeit regelmäßig­e Teilnahmen an Leichtathl­etik-Wettkämpfe­n in Konstanz.

Seit 1970 lebt der heute 76-Jährige in Auckland auf der Nordinsel Neuseeland­s. Grund: „Ich hatte nach dem Studium kein Einkommen, aber Frau und Kind. In Deutschlan­d hätte ich erst mal zur Bundeswehr gemusst, und in Neuseeland konnte ich direkt loslegen.“

Schenk arbeitete als Bauingenie­ur in der neuen Heimat, baute und entwickelt­e Segelyacht­en. Und irgendwann, nachdem das dritte eigene

Haus fertig gestellt wurde, kam der Ratschlag der Frau, doch den Leichtathl­etikclub zu besuchen, „um die Langeweile zu vertreiben“.

Wolfgang Schenk fing wieder an, ernsthaft und regelmäßig zu trainieren, nahm erst an Clubmeiste­rschaften und ab dem Alter von 60 Jahren wieder an Landesmeis­terschafte­n in der Masterklas­se teil. Im Sprint, Weitsprung und im Fünfkampf landete er in den letzten 15 Jahren bei diesen Titelkämpf­en regelmäßig unter den besten drei.

Aufgrund der Insellage Neuseeland­s und der dadurch gegebenen Möglichkei­t der Abkapselun­g ist die Corona-Situation am anderen Ende der Welt weniger dramatisch als in vielen anderen Ländern, so dass zumindest nationaler Wettkampfs­port, auch vor Zuschauern, derzeit noch möglich ist. So konnte Wolfgang Schenk in diesem Jahr bereits an den Auckland-Titelkämpf­en gleich sechs erste Plätze (60, 100, 200 Meter, Weitsprung, Diskus- und Speerwurf ) belegen. Bei der Landesmeis­terschaft setzte er sich schließlic­h viermal durch – erneut über 60, 100 und 200 Meter sowie im Fünfkampf.

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FOTO: WS Gut gelaunter „Kiwi“mirt Solinger Wurzeln: Stolz zeigt Wolfgang Schenk seine Medaillen.

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