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Vor 30 Jahren: FCR pirscht sich an die Tabellenspitze heran
REMSCHEID (rö/red) Von Woche zu Woche stieg im Frühling 1991 die Spannung in der Fußball-Oberliga. Auf dem Weg in die Zweite Bundesliga absolvierte der FC Remscheid ein Nachholspiel nach dem anderen und pirschte sich an die Tabellenspitze heran.
FC Remscheid – FV Bad Honnef 2:0 (1:0) – „Wir hatten heute keine Chance.” Heinz Hornig, Trainer beim FV Bad Honnef, musste nach dem Schlusspfiff die 0:2 (0:1)-Niederlage seiner Mannschaft beim FC Remscheid neidlos anerkennen. 1200 Zuschauer erlebten mit, wie sich die Remscheider immer mehr der Tabellenspitze der Oberliga Nordrhein nähern. Hornig war sich sicher: „Remscheid wird Meister.”
Mit viel Power startete der FCR in die Partie. Allerdings ersatzgeschwächt, denn mit Frank Kayser, André Kröning und Viktor Bridaitis fehlten verletzungsbedingt gleich drei Leistungsträger. Nur Bridaitis saß auf der Bank. Er kam erst nach einer Stunde Spielzeit für Carsten Pröpper. Der blonde Mittelfeldspieler litt unter den Auswirkungen einer Magen- und Darmgrippe. FCR-Trainer Detlef Pirsig: „Wir müssen ihm hoch anrechnen, dass er dennoch spielen wollte.”
Pröppers Einstellung ist ein Punkt des Erfolgsrezepts: Hier spielt jeder für jeden. Das ist nötig, denn von Spiel zu Spiel präsentierten sich zuletzt immer wieder andere Spieler mit kleinen Formschwächen. Doch langsam wird das Gefälle kleiner. Gegen Bad Honnef profitierte der FCR erneut von der überragenden Leistung Martin Tilners. Er rackerte im Mittelfeld, forderte immer wieder den Ball, bestimmte den Spielrhythmus und lenkte die Mannschaft. An ihm orientierten sich die Mitspieler.
Stark spielte auch Sigitas Jakubauskas in seiner ungewohnten Rolle als linker Außenverteidiger.
Schade, dass Landsmann Stanislovas Tamulevicius vor ihm nie Bindung zum Spiel fand. Er wirkte überhastet und unkonzentriert.
Dem FCR half sicher das frühe Tor durch „Joe“Schmidt (3.) nach herrlicher Vorarbeit von Peter Gemein. Danach konnten die Remscheider ihr Spiel spielen. Sie ließen Ball und Gegner laufen, taten nur so viel wie eben möglich. Aber in den entscheidenden Situationen fast immer das Richtige. Noch einmal Heinz Hornig: „Diese Mannschaft kommt spielerisch über die Runden. Das ist ihr großer Vorteil!“
Bonner SC – FC Remscheid 0:0 – Beim torlosen Remis ist der FCR noch einmal davongekommen. Als der oft recht eigenartig pfeifende Kölner Schiedsrichter Sporck die Partie abpfiff, konnten die Remscheider froh sein, wenigstens einen Punkt bei den erstaunlich kampf- und spielstarken Bonnern geholt zu haben.
Vor allem in der Schlussviertelstunde verzeichneten die Gastgeber drei hochkarätige Torchancen.
Einmal mehr war es FCR-Torhüter André Stocki, der mit seinen Glanzparaden eine mögliche Niederlage verhinderte. Stocki war der einzige Remscheider, der es dank einer guten Leistung verdient hat, positiv erwähnt zu werden. Alle anderen Akteure blieben deutlich unter ihren Möglichkeiten.
Dabei fing das Spiel für die Gäste vielversprechend an. Schon nach 90 Sekunden traf Viktor Bridaitis nach einem Traumpass von Carsten Pröpper nur den Pfosten. Danach herrschte dicke Luft im Bonner Strafraum. Aber der Ball wollte nicht über die Torlinie.
Mit zunehmender Spieldauer verkrampfte das Remscheider das Spiel. Bonn machte sich frei und spürte förmlich, dass an diesem Nachmittag dem großen Favoriten beizukommen war. Plötzlich agierte auch die FCR-Abwehr nicht mehr so souverän wie in den letzten Wochen. Selbst so erfahrene Spieler wie Zdenko Kosanovic und Uwe Freitag patzten.
Was der FCR in der zweiten Halbzeit bot, war schlichtweg schlecht. Die Mannschaft erspielte sich nicht eine einzige echte Chance. Immer wieder wurde der Ball stur in die Mitte gespielt. Die Flügel blieben stumpf und fast jeder Remscheider verlor gegen sein aufopferungsvoll kämpfenden Gegenspieler die Zweikämpfe.
Zudem lief ihnen die Zeit davon. Hektik kam auf und am Ende trabten die elf mit sich unzufriedenen Remscheider vom Feld. Trainer Detlef Pirsig: „Einige Spieler werden zurzeit mit der Situation nicht fertig. Solch einen Stress haben viele von uns noch nie erlebt. Daran müssen wir arbeiten.“Pirsig war aber zuversichtlich, dass sich bis zum nächsten Spiel auch wieder die körperliche Verfassung verbessert.
Der FCR leistete sich einen am Leistungsvermögen gemessen unnötigen Punktverlust. Aber der Flop ist zur jetzigen Zeit korrigierbar. Schon im nächsten Spiel soll gegen Langerwehe das in Bonn Versäumte nachgeholt werden.