Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
NRW löst seine Impfreserven auf
Gesundheitsminister Laumann warnt, das Tempo bei den ersten Impfungen könne sinken. Hoffnung machen Zahlen vom Bund.
DÜSSELDORF NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) geht davon aus, dass das Tempo der Erstimpfungen in den kommenden Wochen sinken wird. Grund ist, dass Nordrhein-Westfalen keine Reserven mehr beim Impfstoff zurückhält. Man habe sich mit allen Ländern verständigt, die Reserven abzubauen, weil die Lieferzuverlässigkeit gestiegen sei: „Das heißt, dass wir in den kommenden Wochen zunehmend den Impfstoff in die Zweitimpfungen stecken müssen.“Im Mai müssten von den eingeplanten 485.000 Impfdosen mehr als die Hälfte für Zweitimpfungen verwendet werden.
Positive Signale kommen unterdessen vom Bund. Dieser erhöht in der ersten Maiwoche kräftig die Lieferungen an die niedergelassenen Ärzte und stellt ihnen erstmals drei verschiedene Impfstoffe zur Verfügung. „Durch die Anhebung der Impfstoffmenge auf drei Millionen Dosen können die Ärzte für die Woche vom 3. bis 9. Mai mehr Vakzine als bisher bestellen. Pro Arzt sind bis zu 36 Dosen von Biontech/Pfizer, bis zu 50 Dosen von Astrazeneca und bis zu 15 Dosen von Johnson & Johnson möglich“, heißt es in einer Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an die Praxen. „Neben den Hausärzten könnten damit nun auch immer mehr Fachärzte ihre Patienten
gegen Covid impfen“, so die KBV weiter. Zum Vergleich: Für die letzte Aprilwoche erhalten die Praxen nur zwei Millionen Dosen.
„Mit jetzt drei Millionen Dosen können die Praxen so viele Impfungen durchführen wie noch nie“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, und begrüßte den Start von Johnson & Johnson: „Mit einer Impfung erreicht man hier schon eine komplette Immunisierung. Der Impfstoff von Johnson & Johnson ist ideal für Impfmuffel, die sich nicht gern ein zweites Mal impfen lassen wollen.“14 Tage nach der Impfung sei der komplette Schutz eingetreten.
Laumann kündigte an, dass sich ab dem 30. April chronisch kranke Menschen der Priorisierungsgruppe 2 in einem Impfzentrum anmelden könnten – unter anderem
Menschen mit Down-Syndrom, Demenz, schweren psychischen und Atemwegserkrankungen. Sie müssten dabei ein ärztliches Attest vorweisen können. Die Anmeldung laufe über die Hotline oder die Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen. Laumann rief die über 70-Jährigen auf, sich schnell noch vor dem 30. April einen Termin zu besorgen.
Der Minister erläuterte zudem die neuen Regeln der vom Bund verhängten Corona-Notbremse. Laumann zufolge gelten die Kontaktbeschränkungen künftig auch im privaten Raum, NRW bleibe aber dabei, dass die Ordnungsbehörden nicht an den Wohnungstüren klingelten, um zu „zählen, wie viele Leute in der Wohnung sind“. Kontrollen werde es dagegen bei den Ausgangsbeschränkungen geben.
Die deutschen Behörden beobachten derweil eine in Indien vorkommende Variante des Coronavirus. Erste Fälle seien dem Robert-Koch-Institut (RKI) bereits gemeldet worden, eine erhöhte Gefahr gehe bisher jedoch von der Mutation nicht aus, hieß es. „Die indische Mutationsvariante führt uns vor Augen, wie wichtig internationale Absprachen, konsequente Lockdown-Maßnahmen und Einschränkungen der Mobilität sind“, sagte der Präsident des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery. RKI-Vizepräsident Lars Schaade sagte, es sei denkbar, „dass uns die Variante vor neue Herausforderungen stellt“. Leitartikel, Nordrhein-Westfalen