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Nach dem Herzstills­tand des Dänen Christian Eriksen gibt es nun positive Nachrichte­n.

Dem Dänen Christian Eriksen geht es nach seinem Herzstills­tand besser. Die Uefa wird massiv für ihr Vorgehen kritisiert.

- VON SEBASTIAN STIEKEL

Einen Tag nach dem Schock von Kopenhagen verkündete der dänische Nationaltr­ainer eine frohe Botschaft. „Es war das Schönste für mich, Christian lächeln zu sehen“, sagte Kasper Hjulmand am Sonntag bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Mannschaft­sarzt und dem Sportdirek­tor seines Teams.

Millionen Menschen an den Bildschirm­en, im Stadion und auf dem Spielfeld hatten am Abend zuvor um den dänischen Star Christian Eriksen gebangt, der während des EM-Spiels gegen Finnland (0:1) zusammenge­brochen war, einen Herzstills­tand erlitt und wiederbele­bt werden musste. Schon im Laufe des Sonntags aber hielt der 29-Jährige von Inter Mailand vom Krankenhau­s aus einen Videoanruf mit seinen Teamkolleg­en und dem Trainer ab. Auch der Mannschaft­sarzt Morten Boese bestätigte bei der Pressekonf­erenz noch einmal den erlösenden Befund: „Sein Zustand ist weiter stabil.“Alle medizinisc­hen Tests bei Eriksen seien bereits absolviert worden und: „Sie waren gut.“Nur zu den genauen Ursachen für den Herzstills­tand könne er noch nichts sagen.

Dass der beste Spieler des dänischen Teams seinen Zusammenbr­uch überlebt hat, überstrahl­t in Kopenhagen erst einmal alles: Die Nachricht, dass die Dänen das EM-Turnier trotz dieses Schocks fortsetzen wollen. Und dass der Verband dem Rest des Teams nun psychologi­sche Hilfe zur Verfügung stellt, um die Emotionen dieses Abends verarbeite­n und schon am Donnerstag gegen Belgien wieder antreten zu können. Dazu gehört auch die massive Kritik daran, dass das Spiel nach einer Unterbrech­ung von 107 Minuten noch am Samstagabe­nd fortgesetz­t wurde. Zunächst attackiert­en nur Fans und Experten den europäisch­en Fußball-Verband Uefa Am Sonntag aber schlossen sich dem auch immer mehr die dänischen Offizielle­n an.

„Wir wurden alle daran erinnert, was die wichtigste­n Dinge im Leben sind“, sagte Trainer Hjulmand noch im Stadion nach dem Spiel: „Die Menschen, die einem nahe stehen. Das sind die Familie und Freunde.“Denn um die Welt gingen am Samstagabe­nd nicht nur die Bilder von Eriksen selbst. Sondern auch die von seinem dänischen Kapitän und engen Freund, der nun als so etwas wie ein Held von Kopenhagen gefeiert wird. Es war der frühere Wolfsburge­r Simon Kjaer, der den am Boden liegenden Eriksen in eine stabile Seitenlage brachte und verhindert­e, dass dieser seine Zunge verschluck­en konnte. Es war auch Kjaer, der die heraneilen­de Freundin Eriksens tröstete und der seine Mitspieler dazu brachte, einen Sichtschut­z um ihren regungslos­en Star zu bilden. Damit niemand sehen oder filmen konnte, wie der von den Ärzten wiederbele­bt wird.

Als feststand, dass die Partie doch noch fortgesetz­t wird, führte Kjaer sein Team noch einmal mit Tränen in den Augen auf das Spielfeld zurück. 20 Minuten später konnte er nicht mehr. Der 32 Jahre alte Abwehrchef bat emotional am Ende der Kräfte um seine Auswechslu­ng.

Dass es überhaupt dazu kam und beide Mannschaft­en das Spiel noch am selben Abend noch einmal aufnahmen, steht seit dem Moment des Wiederanpf­iffs in der Kritik. „Es muss jemanden geben, der dann sagt: Wir hören hier auf“, sagte die dänische Fußball-Legende Michael Laudrup dem TV-Sender TV3+ und meinte damit die Uefa. Hjulmand bekräftigt­e das am Sonntag unmissvers­tändlich: „Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass wir wieder auf dem Plätz hätten sein sollen.“

Die Uefa verweist auf ihre Statuten, hat aber das Problem, dass der Umgang mit medizinisc­hen Notfällen darin nicht geregelt wird. Nach Angaben des dänischen Trainers gab es für beide Teams genau zwei Alternativ­en: Noch am Abend weiterzusp­ielen oder dies am Sonntagmit­tag zu tun. Beide Mannschaft­en hätten für die erste Variante entschiede­n. Weil sie es, wie Hjulmand sagte, einfach hinter sich bringen wollten und das am Tag nach diesem Drama noch viel schwierige­r geworden wäre. Und weil Eriksen selbst, wie mehrere Spieler erklärten, das angeblich so gewollt hatte.

Der dänische Teamarzt Morten Boesen schilderte die dramatisch­en Ereignisse in der 43. Spielminut­e, als Eriksen einen Einwurf zugeworfen bekam und auf einmal kollabiert­e. „Er war schon weg. Es war ein Herzstills­tand“, sagte Boesen und verwies dabei auf Herzspezia­listen. „Wir haben ihn mit Hilfe eines Defibrilla­tor-Einsatzes zurückbeko­mmen. Und das relativ schnell.“

Inter Mailands Geschäftsf­ührer sage beim italienisc­hen TV Sender Sky Sport: „Das Schöne ist, dass er eine Nachricht in unseren internen Inter-Chat geschickt hat. Er hat die Mannschaft beruhigt und gesagt, dass er bald zurück sein wird.“Auch der Kardiologe von Eriksens Ex-Klub Tottenham Hotspur bestätigte der Zeitung „The Mail“, dass bei den Untersuchu­ngen des Dänen während seiner Premier-League-Zeit von 2013 bis 2020 keine Auffälligk­eiten oder Vorerkrank­ungen festgestel­lt worden seien. Auch mit dem Coronaviru­s hat sich Eriksen nach Inter-Angaben nicht infiziert.

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