Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
KOMMENTAR
Das Problem mit dem Krisenmodus
Momente wie der Zusammenbruch von Christian Eriksen sind Ausnahmesituationen – Krisenmomente, für die die meisten Menschen kein Schema F haben, keinen Plan, den sie routiniert abspulen können. Weil diese Situationen eben keine Routine sind. Weder für die Teams, noch für die Journalisten oder Kameraleute. Sie alle reagieren spontan, teils wahrscheinlich unter Schock und selten rational. Kritik an den Fernsehsendern, Kommentatoren und Moderatoren ist in diesem Moment fehl am Platz.
Hätte man eher wegschalten können? Wahrscheinlich. Hätte man andere Dinge sagen können? Vielleicht. Aber hätten sie die Situation besser gemacht? Wie will man beurteilen, wie schnell der einzelne in der Regie die ganze Dramatik erfasst hat? Wie will man wissen, wie schockiert der Kommentator selbst war, welche Erinnerungen hochkamen? Dass auch die Zuschauer betroffen sind, ihre eigene Sicht auf das Geschehen haben, resultiert aus genau dem gleichen Grund. In solchen Fällen andere zu kritisieren mag ein Weg sein, seine eigenen Gefühle zu kanalisieren. Derartige Urteile, wie sie in den sozialen Netzwerken über die TV-Sender gefällt wurden, sind dennoch ungerecht.
Trotzdem müssen die Abläufe mit etwas Abstand analysiert werden. Es ist nicht die erste Ausnahmesituation bei Sportereignissen. Und die beteiligten Journalisten werden auch bei der nächsten wieder spontan auf die konkrete Situation reagieren müssen. Es ist wichtig, dass es Richtlinien und Notfallpläne gibt. Man kann sich ein gewisses Handlungsmuster für Krisensituationen antrainieren. Das kann helfen, kann Sicherheit geben. Aber die Faktoren Schock und Affekthandlungen bleiben auch dann unberechenbar.