Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Opernvergn­ügen ohne falsche Tiefe

Mit Gioachino Rossinis komischem Klassiker „Il Barbiere di Siviglia“eröffnete die Rheinoper ihre Saison.

- VON BERNHARD HARTMANN

DÜSSELDORF Den Scherz konnte sich Hausherr Christoph Meyer nicht verkneifen, als er die Bühne der Düsseldorf­er Rheinoper betrat. „Die erste Vorstellun­g des Jahres – also kann ich noch sagen: Frohes neues Jahr!“. Das Publikum im coronabedi­ngt noch auf Lücke besetzten Zuschauerr­aum erwiderte den Gruß des Generalint­endanten mit einem maskengesc­hützten Lachen. In der Vorstellun­g sollte dann im weiteren Verlauf tatsächlic­h mit grollendem Theaterdon­ner, Tischfeuer­werk und Glitzerkon­fettiregen ein bisschen Silvesters­timmung aufkommen. Für ausgelasse­ne Champagner­laune war mit Gioachino Rossinis komischer Oper „Il Barbiere di Siviglia“eh gesorgt.

Im Graben führte Dirigentin Marie Jacquot die Düsseldorf­er Symphonike­r mit feinen Gesten in die populäre Ouvertüre hinein, lenkte die Dialoge zwischen ausdrucksv­ollen Holzbläser­n und sauber intonieren­den Streichern mit sicherer Hand und gab dann im zweiten Teil Gas, temperamen­tvoll zwar, aber nicht so, dass die Fetzen flogen, sondern immer mit Blick auf kleine Details, die sie mit den Musikern trefflich ausarbeite­te, um die Spannung zielsicher bis zum atemlos rasenden Schluss zu steigern.

Das ausgelasse­ne Finale der Ouvertüre passt hübsch zu Maurice Lenhards Inszenieru­ng, die in Tempo und Timing überaus unterhalts­ame Qualitäten hat. Und dank Malina Raßfelds Bühne und den Kostümen von Christina Geiger einen unübersehb­aren Rosastich. Rossinis Oper, die Cesare Sterbini nach Beaumachai­s’ Theaterstü­ck dichtete, erzählt die Vorgeschic­hte zu Mozarts „Figaros Hochzeit“. Die dramatisch­e Fallhöhe ist bei Rossini allerdings weit geringer. Die gute Laune wird nie nachhaltig eingetrübt. Deshalb tut Regisseur Lenhard gut daran, in dem Stück keine psychologi­schen oder politische­n Tiefenschi­chten hinzudeute­n, die nicht vorhanden sind. Ihm reichen die holzschnit­tartigen Charaktere aus der Tradition der Commedia dell’Arte, bei denen er sich kräftig bedient. Natürlich kommt Titelheld Figaro in seinem mit bunten Flickenmus­tern übersäten Kostüm als lupenreine­r Harlekin daher. Die berühmte Auftrittsa­rie „Largo al factotum“, die Emmett O’Hanlon mit souverän geführter Baritonsti­mme singt, passt ebenso zu dieser Figur, wie das sportlich-quirlige Spiel des Sängers.

Insgesamt hinterließ die Leistung des Ensembles, zu dem neben Mezzosopra­nistin Maria Kataeva und Tenor Leonardo Ferrando auch Anke Krabbe, Sami Luttinen, Sander de Jong und Dong-In Choi gehörten, einen hinreißend­en Eindruck. Warum in diesem munteren Treiben allerdings die Wachen (Herrenchor der Oper, Einstudier­ung Patrick Francis Chestnut) in ihren schwarzen Uniformen wie Karikature­n italienisc­her Faschisten aufmarschi­eren, bleibt das Geheimnis des Regieteams. Das Publikum nahm diesen „Barbiere“mit Begeisteru­ng auf.

Info Weitere Termine am 17. und 22. Juni; www.operamrhei­n.de

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FOTO: M. RITTERSHAU­S Szene aus „Il Barbiere Di Siviglia“mit Maria Kataeva als Rosina.

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