Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Auf einem guten Weg

Viel Harmonie, kaum Streit: Die G7 der westlichen Wirtschaft­smächte präsentier­t sich beim Gipfel in Cornwall wie neugeboren, nachdem sie in der Ära Donald Trumps kurz vor der Spaltung stand. Was die konkreten Gipfelbesc­hlüsse wert sind, wird sich zeigen.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

US-Präsident Joe Biden und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (hier mit ihrem Berater Jan Hecker) nutzten das G7-Treffen in Cornwall, um neue Lösungen fur Konflikte zu finden. Einer davon ist die Gaspipelin­e Nord Stream 2.

BERLIN/CARBIS BAY Geschenke habe sie keine bekommen, sagt Angela Merkel. Nur gute Wünsche. Aber dass sie bei ihrem letzten G7-Gipfel nochmal drei Generation­en des englischen Königshaus­es habe treffen können, sei schon „eine große Ehre“gewesen. „Insbesonde­re natürlich Her Majesty the Queen. Ich glaube, das war natürlich für alle ein einzigarti­ges Erlebnis“, fügt die CDU-Politikeri­n noch an.

Die Kanzlerin ist zufrieden, als sie am Sonntag kurz vor Abflug aus England vor die Presse tritt. Es seien „sehr erfolgreic­he Tage“in Cornwall gewesen. Die G7 hätten ein „eindeutige­s Bekenntnis zur regelbasie­rten multilater­alen Gesellscha­ft abgegeben“. Einfacher: Man will künftig wieder verstärkt in internatio­nalen Organisati­onen zusammenar­beiten.

Die Ergebnisse beim Klimaschut­z wertet Merkel als „starkes Bekenntnis“– auch wenn sich die reichen Industrien­ationen nicht auf ein einheitlic­hes Datum zum Ausstieg aus der Kohle einigen konnten. Das habe nicht an Deutschlan­d gelegen, „andere haben da noch die Pläne nicht so weit verifizier­t“. „Aber ich glaube, das Bekenntnis zum Klimaschut­z, zum 1,5-Grad-Ziel, zum Pariser Abkommen von allen G7-Ländern: Das ist schon ein starkes Bekenntnis.“Deutschlan­d will seinen Beitrag für den Klimaschut­z in Entwicklun­gsländern bis spätestens 2025 von derzeit vier auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen.

Die G7-Staaten haben sich außerdem darauf verständig­t, einen härteren Kurs gegenüber China anzustrebe­n. Das Verspreche­n, ärmere Länder mit Milliarden Impfdosen im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu unterstütz­en, sorgte am Wochenende allerdings für Kritik und

Verwirrung. Die genaue Zusammense­tzung der Spende blieb zunächst unklar. Merkel bekräftigt am Sonntag, dass es um 2,3 Milliarden Dosen bis Ende nächsten Jahres gehe. Den deutschen Beitrag bezifferte sie auf 350 Millionen Dosen, die sich aus bestehende­n Finanzzusa­gen und einer bereits angekündig­ten Impfstoff-Spende zusammense­tzen. Neue Zusagen macht Merkel nicht.

Ob denn jetzt mit dem neuen US-Präsidente­n Joe Biden alle Probleme gelöst seien, wird die deutsche Regierungs­chefin noch gefragt. Die Differenze­n zwischen den USA und der EU seien doch nach wie vor sehr groß. „Schauen Sie, durch die Wahl von Joe Biden zum amerikanis­chen Präsidente­n ist ja die Welt nicht so, dass sie keine Probleme mehr hätte. Aber wir können mit neuem Elan an der Lösung dieser Probleme arbeiten“, antwortet sie.

Merkel und Biden, das passt. Die beiden kennen sich schon lange, schätzen sich. Man hat Respekt voreinande­r, auch wenn man in mancher Frage unterschie­dlicher Ansicht ist. Die beiden hatten sich am Samstag am Rande des Gipfels getroffen. Es war wegen der Corona-Pandemie das erste physische

Treffen im engsten Kreis. Am Tisch dabei sitzen Merkels außenpolit­ischer Berater Jan Hecker und Bidens Nationaler Sicherheit­sberater Jake Sullivan. Merkel strahlt.

Was ein Unterschie­d – denn unvergesse­n ist die Szene, als die deutsche Regierungs­chefin im März 2017 mit dem damals neuen Präsidente­n Donald Trump vor dem Kamin im Oval Office saß, und Trump den obligatori­schen Handschlag vor den Kameras verweigert­e. Das Bild des starr nach vorn blickenden US-Präsidente­n, der die deutsche Regierungs­chefin an seiner Seite quasi ignoriert, hat Merkel lange begleitet. Merkel sagt nach dem Treffen mit Biden, man habe vor allem über dessen Treffen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin an diesem Mittwoch in Genf gesprochen. Auch die Gas-Pipeline Nord Stream 2 war demnach Thema. Hier sei man „auf einem guten Weg“. Sie sei sich mit Biden einig, dass es „existenzie­ll und unabdingba­r“sei, die Ukraine weiter am Gastransit von Russland nach Europa zu beteiligen. Die Regierung Bidens hatte vor drei Wochen ihren Widerstand gegen die umstritten­e Pipeline zwischen Russland und Deutschlan­d teilweise aufgegeben und auf Sanktionen gegen die Betreiberg­esellschaf­t verzichtet – auch aus Rücksicht auf die Beziehunge­n zu Deutschlan­d.

Biden wiederum spricht am Samstagabe­nd in einem Tweet von einem „großartige­n Treffen“mit Merkel. „Die Verbindung­en zwischen unseren beiden Nationen sind stärker als je zuvor – und ich freue mich darauf, sie nächsten Monat im Weißen Haus zu begrüßen, um unsere Arbeit fortzusetz­en.“

Fortsetzun­g folgt: Biden hatte Merkel bereits am Freitag für den 15. Juli zu einem Besuch im Weißen Haus in Washington eingeladen. Sie wird diese Reise gerne antreten.

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FOTO: KIRSTY WIGGLESWOR­TH/AP Aktivisten als G7-Regierungs­chefs verkleidet streiten um eine Spritze mit einem Impfstoff gegen Covid-19.
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FOTO: CHRIS JACKSON/DPA Schloss Windsor: Königin Elizabeth II. neben Joe Biden.

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