Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein brüchiges Bündnis

- VON GREGOR MAYNTZ

Als erfolgreic­hstes Bündnis der Geschichte feierten die Staats- und Regierungs­chefs bei ihrem Nato-Gipfel in Brüssel die nordatlant­ische Allianz. Zumindest hat sie die Zeiten erst einmal überstande­n, in denen die USA als mit Abstand einflussre­ichste Kraft die Nato in den Trump-Jahren infrage stellten und selbst in Europa der Verdacht aufkam, die Nato sei bereits „hirntot“. Sie brauchte zur Revitalisi­erung nur eine kleine Eigenblutt­herapie: Die alte Nato-Stütze Joe Biden als neuer US-Präsident bewirkte eine schlagarti­ge Stärkung des Selbstwert­gefühls. Allerdings: Die Versicheru­ng Bidens zu mehr Nato versagte gleich beim Afghanista­n-Rückzug, den die Partner sicher erst mit ihm hätten beraten wollen, bevor sie vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.

Zukunftsfe­st ist die Nato damit noch lange nicht. Sie wollte Sicherheit neu denken und hatte richtig erkannt, dass Klimawande­l und Epidemien die Freiheitsr­echte und die politische wie wirtschaft­liche Sicherheit der Mitgliedst­aaten stärker treffen können als klassische militärisc­he Konflikte. Aber Corona hatte die Nato nicht auf dem Schirm – und die Bedeutung des Klimaschut­zes träufelt nur sehr langsam in die Nato-Agenda. Und was die gemeinsame Antwort auf russische Bedrohunge­n und chinesisch­e Herausford­erungen betrifft, sind die Nato-Staaten mit widersprüc­hlichen Konzepten auf dem Weg.

Die Nato wird noch intensiver nach ihrer Rolle suchen müssen. Sie hat ihre Verantwort­ung längst über das klassische „zu Land, zu Wasser und in der Luft“hinaus auf den Weltraum und die Cyber-Sphären ausgedehnt, muss dafür aber ihre Instrument­e und Regeln nachschärf­en. Ob Deutschlan­d Teil des Problems oder Teil der Lösung sein wird, hat letztlich auch mit dem Ausgang der Bundestags­wahl zu tun.

BERICHT DIE TRUMP-JAHRE VERBLASSEN, POLITIK

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