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Buchungsboom überrascht Eurowings
Das Ende vieler Reisebeschränkungen nutzt dem Lufthansa-Ableger. Echte Billigpreise wird es vorerst nicht geben.
KÖLN/DÜSSELDORF Der Lufthansa-Ableger Eurowings sieht sich mit einem regelrechten Buchungsboom seitens der Kunden konfrontiert. „Wir erhöhen die Kapazitäten schneller als geplant“, sagte bei einem Pressegespräch Jens Bischoff, der Vorstandschef des Kölner Unternehmens. Aktuell würden 55 Jets eingesetzt, Ende des Monats würden rund 60 Maschinen fliegen, im weiteren Verlauf des Sommers sollen dann 81 Maschinen unterwegs sein.
Bischof sagte, der Nachholbedarf der Kunden nach Urlaub sei so groß, dass einige Flüge komplett ausgebucht seien. Im Schnitt seien die Maschinen im Moment zu zwei Dritteln belegt, im Sommer hofft er auf 80 Prozent und deutlich mehr. „Ich bin zuversichtlich, dass wir nicht nur fliegen werden, sondern auch gut gefüllt sind.“
Es bleibt dabei, dass das wichtigste Ziel ab den zwei großen nordrhein-westfälischen Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn Mallorca ist.
Dabei ist die Landeshauptstadt der mit Abstand wichtigste Flughafen für Eurowings mit mehr als 70 Flugzielen im Sommer, darunter erstmals Beirut im Libanon, die griechischen Inseln Santorin und Mykonos sowie auch Siziliens Inselhauptstadt Palermo. Wie sehr das Ende der Reisebeschränkungen das Geschäft anheizt, zeigt sich auch beim Ableger Eurowings Holiday, bei dem die Kunden einen Flug inklusive eines Hotels reservieren: „Wir haben noch nie so viele Buchungen an einem Tag gehabt wie an diesem Sonntag“, so Bischof.
Zu mehr als 50 Prozent buchten die Bürger maximal vier Wochen vor Abflug, erklärte er. „Kurzfristbuchungen ziehen vorrangig an“, so Bischof. Dagegen würden relativ wenige Kunden sich bereits jetzt festlegen, wohin sie im Herbst reisen wollen. Bischof vermutet, dies habe vorrangig den Grund, dass die Menschen erst einmal froh seien, überhaupt reisen zu können. Außerdem könne niemand sicher sein, ob es trotz riesiger Fortschritte bei den
Impfkampagnen in allen Ländern Europas noch neue Rückschläge gebe. Familienvater Bischof ist aber optimistisch: „Wir hoffen, dass uns keine vierte Welle oder eine weitere Mutation zurückwirft.“
Nächstes Jahr möchte Eurowings wieder mindestens 100 Jets einsetzen. Das wären 40 weniger als noch im Jahr 2019, aber Eurowings hat auch die gesamte Langstreckenflotte an Lufthansa abgegeben. Beim neuen Wachstum will das Unternehmen auf Stationen auch im Ausland setzen. Auf Mallorca sind bereits einige Jets inklusive Mitarbeitern stationiert, auch Salzburg ist wie Pristina im Kosovo ein Standort. Ab Herbst kommt Prag hinzu, 2022 soll mindestens ein weiterer Flughafen Jets als Heimatbasis aufnehmen.
Die Entscheidung für Prag als Stadt mit einem für Zentraleuropa hohen Lohnniveau bestätigt, dass Eurowings sich von Ryanair als Europas größtem Billigflieger abheben will. Während die Iren Tickets oft zu Kampfpreisen von 9,99 Euro in den Markt drücken, bietet Eurowings Tickets
in der Regel nur ab 29,99 Euro an. Bei den meisten Flügen liege der Einstiegspreis bei 39,99 Euro, sagt ein Sprecher. In Düsseldorf hat Eurowings diesen Sommer großes Glück: Ryanair hatte sich mit dem Kauf von Laudamotion in der Landeshauptstadt eigentlich eine sehr starke Stellung mit sieben Jets erkämpft, gab aber im Herbst den Betrieb ab Düsseldorf wieder auf, weil die Nachfrage wegen der Corona-Krise zusammengebrochen war.
Treiber der schnell steigenden Passagierzahlen sind aber nicht nur urlaubswillige Bürger. Auch Besuche bei Freunden oder der Familie nehmen zu, unter anderem durch Migranten. Hinzu kommen zunehmend Geschäftsreisende. Bischof sagte, es sei in der Regel geplant, Routen, die im August oder September wieder neu in den Flugplan kommen, auch wirklich zu bedienen: „Das sind nicht nur Schaufensterangebote. Wir wollen da wirklich hinfliegen.“Bei sehr wenigen Buchungen könnten einzelne Flüge aber auch ausfallen.