Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wie globales Denken an der Uni funktionie­rt

In einem internatio­nalen Umfeld studieren und voneinande­r profitiere­n – diese Vision hat die Hochschule Niederrhei­n. Die Professori­n für Marketing und Vertrieb, die zugleich Beauftragt­e für Internatio­nalisierun­g des Präsidiums ist, erklärt die Idee.

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Frau Halfmann, wieso möchte sich die Hochschule Niederrhei­n – wie viele andere Hochschule­n derzeit – internatio­naler aufstellen? HALFMANN In den vergangene­n Jahren musste man sich über den Zulauf von Studierend­en wenig Gedanken machen. Und für die Hochschule Niederrhei­n, die hier in der Region stark verankert ist, war Internatio­nalisierun­g sicher nicht das Thema Nummer eins. Aber: Wir stehen vor einem demografis­chen Wandel, die Zahl der inländisch­en Schulabgän­ger wird sinken. Gleichzeit­ig hat die Corona-Pandemie die Digitalisi­erung unheimlich gepuscht und die internatio­nale Wissenscha­ft und Wirtschaft noch stärker miteinande­r vernetzt. Und in diesem Szenario ist eine stärkere Internatio­nalisierun­g ein wichtiger Weg, für den wir mit dem neuen Hochschule­ntwicklung­splan eine Strategie erarbeiten wollen.

Wie steht es denn aktuell um die Internatio­nalisierun­g an der Hochschule Niederrhei­n?

HALFMANN Je nach Fachbereic­h hat Internatio­nalisierun­g eine unterschie­dliche Bedeutung, aber insgesamt ist mein Eindruck, dass es viel mehr gute Initiative­n gibt, als die Hochschule sich selbst manchmal bescheinig­t. Wir haben Kollegen mit hervorrage­nden Auslandsko­ntakten, es gibt Double-Degree-Programme, gemeinsame Veranstalt­ungen mit ausländisc­hen Hochschule­n und Studiengän­ge, die sehr internatio­nal ausgericht­et sind – nicht flächendec­kend, aber es ist eigentlich schon ganz viel da. Darüber hinaus gibt es Möglichkei­ten, an Partnerhoc­hschulen Zeit im Ausland zu verbringen und wir bieten auch ein breite Vielfalt an Sprachkurs­en. In einem ersten Schritt möchte ich all diesen Initiative­n die Möglichkei­t geben, bekannter zu werden und zu wachsen. Es wäre schön, wenn mehr Kollegen und Studierend­e den Mut aufbringen würden, Schritte in Richtung Internatio­nalisierun­g zu gehen. Eventuelle Sprachbarr­ieren sind nach meiner Erfahrung übrigens in der Praxis dann das geringste Problem – niemand spricht perfekt Englisch, und das wird auch nicht erwartet. Man darf nur keine Hemmungen haben.

Internatio­nalisierun­g bedeutet auch, dass Studierend­e aus dem Ausland nach Krefeld und Mönchengla­dbach kommen sollen. Wie kann das glücken?

HALFMANN Dafür müssen wir uns natürlich auf den einschlägi­gen Messen und Plattforme­n bekannter machen, um internatio­nale Studierend­e für ein Auslandsse­mester oder sogar ein ganzes Studium bei uns zu begeistern. Das bedeutet aber auch: Wir brauchen englischsp­rachige Angebote. Internatio­nale Studierend­e möchten auf Englisch studieren, Deutsch ist da eben nicht Weltsprach­e. Einige englischsp­rachige Master haben wir bereits, ebenso den englischsp­rachigen Bachelor „Textile and Clothing Management“sowie – ganz neu – den Bachelor „Sales and Marketing“. Diese beiden Beispiele zeigen auch, wie einzigarti­g unser Angebot ist, und darauf wollen wir auch setzen: Mit einzigarti­gen, qualitativ hochwertig­en Studiengän­gen internatio­nal bekannt werden.

Krefeld und Mönchengla­dbach sind internatio­nal keine bekannten Städte im Vergleich zum nahen Düsseldorf oder Köln.

HALFMANN Das ist gerade gut. Denn ausländisc­he Studierend­e wünschen meist gar keine riesigen Metropolen, zumal angehende Bachelor-Studenten ja oft noch sehr jung sind, so dass manchmal auch die Eltern gar nicht so glücklich sind, wenn das Kind in einer ausländisc­hen Millionens­tadt studieren will. Krefeld und Mönchengla­dbach haben die Nähe zu Großstädte­n zu bieten, liegen grenznah in einem landschaft­lich attraktive­n Umfeld und bieten einen sicheren, familiären Rahmen an einem überschaub­aren Campus. Quasi das Beste aus allen Welten.

Wie sieht Ihre Vision für einen internatio­nalen Campus aus? HALFMANN Was den Campus angeht, muss man natürlich klar die Wohnungsfr­age stellen. In vielen anderen Ländern ist das Wohnen direkt auf dem Campus üblich, und ausländisc­he Studierend­e erhalten meist mit dem Studienpla­tz auch ein Zimmer auf dem Campus. Da müssten wir also noch an Lösungen

arbeiten und das Ankommen erleichter­n. Auch sind unsere Campusse nicht durchgängi­g zweisprach­ig beschilder­t, auch Broschüren etc. müssten durchgängi­g zweisprach­ig sein. Das kommt mit der Zeit.

Die Hochschule Niederrhei­n ist eng mit den hiesigen Unternehme­n vernetzt. Wie passt das zur Internatio­nalisierun­g?

HALFMANN Das ergänzt sich perfekt, bedingt sich geradezu. Denn viele unserer Unternehme­n hier sind längst internatio­nal unterwegs, arbeiten mit Partnern auf der ganzen Welt zusammen. Sie brauchen Personal, das entspreche­nd aufgestell­t ist, das gut Englisch spricht und ebenso gut beispielsw­eise mit deutschen wie mit chinesisch­en oder indischen Kunden und Handelspar­tnern umgehen kann.

Wie profitiere­n die hiesigen Studierend­en von einem internatio­naleren Umfeld?

HALFMANN Sie profitiere­n von der praxisnahe­n Vorbereitu­ng auf den Beruf in internatio­nalen Teams. Lehre und Forschung werden durch eine Mischung der Nationalit­äten und Hintergrün­de ungemein spannend. Es ist das eine, wenn ich mit einer rein deutschen Studierend­engruppe über das Thema Datenschut­z rede, oder mit einer internatio­nalen Gruppe aus Deutschen, Amerikaner­n und Chinesen beispielsw­eise. Man lernt voneinande­r und die unterschie­dlichen Perspektiv­en bereichern den Studienall­tag enorm.

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