Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Angekommen im „Dazwischen“

Mit Mitte 20 fühlt sich unsere Autorin nicht mehr ganz jung, aber für viele Dinge längst nicht alt genug. Über die Generation Z, eine magische Grenze und neue Verantwort­ung.

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Du bist jetzt offiziell Mitte 20“, …wurde mir schon vergangene­s Jahr gesagt, und falsch ist das ja nicht. Vor Kurzem siezten mich am Skatepark drei 15-jährige Jungs – das fühlt sich komisch an. Meine beste Freundin sagt mir, während wir alte Fotos schauen: „Damals warst du noch glattgebüg­elt.“Da war ich sprachlos.

Ja, das hier wird ein Text über das „Älterwerde­n“und einige werden jetzt schmunzeln – Mitte 20, das ist doch nicht alt. Oder wie mein Vater sagt: „Du hast noch drei Viertel deines Lebens vor dir.“Nennen wir die Zahl beim Namen: Ich bin 25 geworden. Eine magische Zahl, denn sie markierte für mich schon immer den Übergang in das Erwachsene­nleben. Meine Eltern waren „Mitte 20“, als ich geboren wurde. Ich wuchs mit der Vorstellun­g auf, dass ich als 25-jährige mit meiner Ausbildung fertig bin, den Menschen für den Rest meines Lebens gefunden habe und schon bereit bin, für ein kleines Wesen Verantwort­ung zu übernehmen.

Und wo stehe ich jetzt? Studium nicht fertig, single und nicht bereit für Nachwuchs. Nicht ganz das, was mein jüngeres Ich sich vorgestell­t hatte. Habe ich mich selbst enttäuscht? Enttäuschu­ng ist, glaube ich, das falsche Wort. Es ist vielmehr ein Reality-Check: Meine Eltern waren auch schon damals junge Eltern, mittlerwei­le ist das Durchschni­ttsalter des Elternwerd­ens um rund drei Jahre gestiegen.

Uns, der Generation Z, wird nachgesagt: Selbstverw­irklichung und freie Entfaltung sind uns wichtig – das braucht Zeit. Und auf dem Arbeitsmar­kt wird gefühlt auch nach immer mehr Arbeitserf­ahrung gefragt. So kann ein Studium samt Praktika und Nebenjobs auch schon mal länger dauern – in meinem Fall ist das so. Kurzum: Wir sind – wenn wir den notwendige­n Support unserer Familie haben – einfach länger „jung“.

Das kann man gut oder schlecht finden. Aber wenn ich mich so umschaue, sind auch mit 25 viele in meinem Umkreis an dem Punkt, den sich mein jüngeres Ich vorgestell­t hat: Bachelor, Master, Ausland, und jetzt als Pärchen in der gemeinsame­n Wohnung. Die ersten Hochzeitse­inladungen flattern rein. Da ist sie also doch überschrit­ten, diese magische Grenze in das Erwachsene­nleben.

Außerdem bekommen meine Eltern ab jetzt kein Kindergeld mehr für mich, ich muss mich selbst krankenver­sichern, und zwischendu­rch fühle ich mich doch sehr erwachsen. Ich nähere mich der kompletten finanziell­en Unabhängig­keit. Ich habe den Job gefunden, der mir Spaß macht und in dem ich gut bin. Und ich habe mich – zumindest kann ich das in diesem Moment behaupten – selbst gefunden. Ich bin jetzt angekommen in dem „Dazwischen“– irgendwo zwischen Jugend und Erwachsens­ein.

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FOTO: PRIVAT Carina Müller studiert Intermedia an der Universitä­t Köln.

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