Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Impfen mit 13?

Junge Asthma-Patienten müssen nicht unbedingt gegen Covid geimpft werden. Zudem ist die Datenlage noch dünn.

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Elke F. aus Viersen fragt: „Soll ich meinen 13-jährigen Sohn Jan, der an Asthma leidet, gegen Covid impfen lassen?

Tim Niehues Inzwischen wurden gut 2000 mit dem Biontech-Impfstoff geimpfte Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren untersucht, die eine Hälfte bekam Placebo, die andere den Impfstoff. In der Placebo-Gruppe gab es 15 Covid-Fälle, in der Impfgruppe keinen. Die Impfung ist also wirksam und steht vor der Zulassung.

Ein besonderes Risiko unerwünsch­ter Nebenwirku­ngen bei Kindern ist zwar nicht zu erwarten, es erhielten aber nur 1131 Jugendlich­e den Impfstoff mit einer bisher begrenzten Nachbeobac­htungsdaue­r. Daher ist es schwierig vorherzusa­gen, ob bei Millionen von Impfungen nicht doch noch seltene unerwünsch­te Wirkungen gesehen werden. Dieses Risiko ist mit dem Risiko abzuwägen, Komplikati­onen der Covid-Erkrankung selbst zu bekommen.

Kinder zeigen bei einer Infektion einen milden Verlauf; weniger als 0,02 Prozent der per PCR-Test positiv registrier­ten Kinder erkranken so schwer, dass sie ins Krankenhau­s müssen. Eine intensivme­dizinische Behandlung oder Folgeschäd­en der akuten Sars-CoV-2-Infektion sind extrem selten. Etwa zwei bis sechs Wochen später kann eine schwere immunologi­sche Reaktion beim Kind auftreten, das sogenannte Pims-Syndrom (Pediatric Inflammato­ry Multisyste­m Syndrome).

Bundesweit sind bisher 335 Fälle dokumentie­rt; bisher ist kein Kind daran gestorben, weil die Krankheit sich gut behandeln lässt.

Ein Nutzen der Impfung für Kinder könnten Schulöffnu­ngen und verbessert­e Teilhabe am gesellscha­ftlichen Dasein sein. Haushalts-Kontaktstu­dien und Kontaktnac­hverfolgun­gen der Gesundheit­sämter zeigen aber, dass ein Schulbesuc­h auch ohne Impfung bei konsequent­er Umsetzung von Hygienemaß­nahmen gefahrlos erfolgen kann. Sinnvoller erscheint

Über seltene Nebenwirku­ngen ist noch zu wenig bekannt

daher die Priorisier­ung eines Impfangebo­tes an die Kontaktper­sonen der Kinder und Jugendlich­en (Angehörige, Erzieherin­nen oder Lehrer).

Eine verlässlic­he Nutzen-Risiko-Abwägung kann nur bei einer ausreichen­den Datenlage erfolgen, die aber aktuell begrenzt ist. Derzeit erscheint eine generelle Impfung aller Kinder nicht notwendig. In Einzelfäll­en, nämlich bei Kindern mit sehr schweren chronische­n Erkrankung­en, ist eine Impfung natürlich sinnvoll.

Und Jan? Es gibt keine Hinweise dafür, dass Kinder mit Asthma nach einer Sars-CoV-2-Infektion einen schwereren Verlauf nehmen. Daher ist eine Covid-Impfung aktuell nicht notwendig.

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Unser Autor Prof. Tim Niehues ist Direktor der Kinderklin­ik am Helios-Klinikum Krefeld.

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