Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Die Unis und die Testverweigerer
Für Studierende ist ein Test keine Pflicht. Das bringt das Personal in die Zwickmühle.
Die Inzidenzen purzeln deutschlandweit im Rekordtempo unter die von der Corona-Schutzverordnung festgelegten Richtwerte. Quasi über Nacht wechselt die Gesellschaft von Nullkontakt auf Vollkontakt. Geschäfte, Gewerbe und andere Institutionen müssen sich dem schnell anpassen, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Dazu gehören die Hochschulen.
Nach mehr als einem Jahr digitaler Uni und den Fortschritten in der Impfkampagne fordern viele Studierende die Rückkehr zur Präsenzlehre. Dies setzt die Universitäten unter enormen Druck, denn im laufenden Semester ist ein Wechsel zu Präsenzveranstaltungen und -prüfungen kaum umsetzbar. Hinzu kommt die Ungewissheit, ob die Inzidenzen in
Kürze wieder so rasant steigen, wie sie gerade fallen. Um den Lockerungsbestrebungen gerecht zu werden, verfolgen viele Hochschulen einen Stufenplan, in dem die Maßnahmen den Inzidenzen angepasst wurden. Liegen die Inzidenzen zwischen
35 und 100, so sind in NRW zurzeit Präsenzprüfungen bei Test- und Maskenpflicht erlaubt. Studierende dürfen jedoch den Corona-Test verweigern, wenn sie dadurch ihre körperliche Unversehrtheit gefährdet sehen. Die Hochschulen müssen solchen „Testverweigerern“dennoch Präsenzprüfungen ermöglichen und dafür einen gesonderten Raum sowie eine entsprechende Klausuraufsicht zur Verfügung stellen.
Als Arbeitgeberinnen unterliegen Hochschulen ihren Mitarbeitenden gegenüber der Fürsorgepflicht. Das Hochschulpersonal hat jedoch nicht das Recht, die Beaufsichtigung von „Testverweigerern“abzulehnen. Für Professorinnen und Professoren bedeutet dies eine Zwickmühle, denn sie müssen entscheiden, welche Mitarbeitenden sie in den Raum mit den „Testverweigerern“schicken. Momentan befinden sich die meisten Hochschulen in Stufe null, damit entfällt die Testpflicht bei den Studierenden. Im Fall eines neuen Inzidenzanstiegs ist die Entscheidung über die Klausuraufsicht jedoch nur verschoben, nicht aufgehoben.
Unsere Autorin ist Professorin für Infektionsbiologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter ab.