Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
EU und USA legen Handelskrieg bei
Ein milliardenschwerer Konflikt um Flugzeug-Strafzölle wurde beim Besuch Joe Bidens gelöst.
BRÜSSEL Unmittelbar nach Amtsantritt hat die US-Regierung unter Joe Biden den Gesprächsdraht mit der EU aufgenommen. Im Februar telefonierten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der US-Präsident das erste Mal. Danach haben die Diplomaten vier Monate Kärrnerarbeit geleistet. Beim ersten persönlichen Treffen wurden jetzt erste Früchte eingefahren: Die EU und USA beenden die Eiszeit in den Handelsbeziehungen. Als erster Schritt wird der seit 17 Jahren dauernde Konflikt um Beihilfen für Flugzeugbauer beigelegt. Die Strafzölle wegen Airbus und Boeing werden für fünf Jahre ausgesetzt.
Die Strafzölle gegen die EU beliefen sich auf insgesamt 7,5 Milliarden Euro, die EU hatte ihrerseits Strafzölle gegen US-Produkte mit einem Volumen von vier Milliarden Euro verhängt. Hintergrund ist, dass die Welthandelsorganisation WTO beide Seiten wegen Verstößen bei staatlichen Subventionen für Flugzeugbauer gerügt und die Einführung von Strafzöllen erlaubt hatte. Getroffen von den Strafzöllen waren nicht nur Flugzeuge und Flugzeugteile.
Auf viele Agrarprodukte wurden ebenfalls Strafzölle erhoben, weswegen auch deutsche Winzer Exporteinbußen hinnehmen mussten.
Das soll nur der Auftakt für bessere Handelsbeziehungen sein. An der Beilegung des Konflikts wegen Stahl und Aluminium wird noch gearbeitet. Hier wurden Straf- und Vergeltungszölle zunächst für sechs Monate außer Kraft gesetzt. In dieser Zeit will man eine Lösung finden.
Das Gespräch zwischen Biden und der europäischen Seite, von der Leyen für die Kommission sowie der ständige Ratspräsident Charles
Michel für die 27 Mitgliedstaaten, dauerte nur anderthalb Stunden. Anschließend gingen nur von der Leyen und Michel vor die Presse, Biden flog umgehend nach Genf, wo er an diesem Mittwoch mit Wladimir Putin zusammentrifft.
In den Gesprächen haben EU und USA weitere Ergebnisse erzielt. So wurde verabredet, zahlreiche hochrangige Arbeitsgruppen einzurichten, in denen etwa über Klimaschutz, China und Russland gesprochen wird. So sollen auch Verhandlungen über Erleichterungen im Bereich Handel einen festen Rahmen bekommen. Dafür wird ein Handels- und Technologierat gegründet. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis, der den Deal maßgeblich auf EU-Seite verhandelt hat, sagte: „In dem neuen Rat wollen wir unsere Volkswirtschaften, die enge Partner sind, weiterentwickeln.“
In dem Forum werde man auch über den Schutz der kritischen Lieferketten, eine Vereinheitlichung der Industriestandards sowie über eine Reform der Welthandelsorganisation WTO reden. In einem ersten Schritt soll es um Halbleiter, digitale Plattformen und künstliche Intelligenz gehen. US-Handelsbeauftragte Katherine Tai machte deutlich: „Nach beinahe 20 Jahren nehmen USA und Europäische Union eine kooperative Haltung ein, das ist ein Grund zum Feiern.“
Beim Thema Klima wurde vereinbart, dass EU und Vereinigte Staaten über den CO2-Preis reden wollen. Vor der Klimakonferenz im November in Glasgow sei man sich einig, dass beide Seiten mit ehrgeizigen Zielen beim Klimaschutz vorangehen wollen. Eine Allianz für die Zusammenarbeit im Bereich grüner Technologien und der Kreislaufwirtschaft ist geplant.