Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
NRW rüstet Gesundheitsämter auf
Kontaktdaten sollen künftig digital erfasst werden, nicht mehr per Zettelwirtschaft.
DÜSSELDORF Die NRW-Landesregierung will die Rückkehr der Zettelwirtschaft in der Gastronomie verhindern. Damit die Gesundheitsämter die Kontaktdaten im Fall einer Infektion mit dem Coronavirus schnell und umkompliziert abrufen können, wurde dazu nun die Schnittstelle Iris aktiviert. Die Kommunen in NRW sollen innerhalb von vier Wochen über ein sogenanntes Gateway namens Iris Connect an die Schnittstelle angeschlossen werden. In den 14 Modellkommunen soll dies bereits Ende dieser Woche abgeschlossen sein.
Die Corona-Schutzverordnung sieht vor, dass Betreiber von Gaststätten, Hotellerie, Sportstätten und Kultureinrichtungen persönliche Daten der Gäste (Name, Adresse, Aufenthaltszeit) erfassen müssen. Im vergangenen Sommer geschah dies häufig über Zettel, die handschriftlich ausgefüllt werden mussten. Längst steht aber auch eine Vielzahl digitaler Angebote bereit. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) forderte daher: „Bei der Corona-Kontaktnachverfolgung muss Schluss sein mit der Zettelwirtschaft.“
Viele Bundesländer hatten in den vergangenen Monaten Verträge mit dem Unternehmen Nexenio abgeschlossen, das die Luca-App betreibt. Diese App sollte anschließend landesweit als zentrale Lösung eingeführt werden, um Kontaktdaten zu erfassen. An der Entscheidung hatte sich angesichts der Kosten in Millionenhöhe und datenschutzrechtlicher Bedenken Kritik entzündet, viele Konkurrenten fühlten sich benachteiligt. In Mecklenburg-Vorpommern klagen andere Anbieter vor der zuständigen Vergabekammer bereits gegen die Auftragsvergabe, da sie ohne ordentliche Ausschreibung erfolgt sei.
Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte sich nach einem Gespräch mit dem Rapper Smudo von der Band Die Fantastischen Vier lobend über die App geäußert. NRW hatte sich dann aber für den offenen Ansatz per Schnittstelle entschieden. Die Kosten für die Iris-Schnittstelle sollen für NRW bislang bei rund 100.000 Euro liegen. Auch Folgekosten, etwa für die Servernutzung, sollen sich im Rahmen halten.
Daher zeigen nun auch weitere Länder Interesse. Inzwischen ist die Einführung von Iris Connect, deren Entwicklungskosten die Björn-Steiger-Stiftung übernommen hat, unter anderem in Hessen, Bremen und Sachsen geplant. Thüringen will die Lösung in Pilotversuchen testen.
Für die Software-Anbieter und die Gesundheitsämter ist die Nutzung kostenlos. Erste Anbieter arbeiten bereits an der Anbindung an Iris, darunter beispielsweise Recover, Gastident oder Darfichrein. Welche Lösung er bei sich einsetzt, kann der Gastwirt dann allein entscheiden.