Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kira Biesenbach setzt Prioritäten
Die frühere Spitzen-Leichtathletin arbeitet als Lehrerin, bleibt ihrem Sport aber unter anderem als Trainerin treu.
WERMELSKIRCHEN Die diesjährigen Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten Anfang Juni in Braunschweig verfolgte sie nur per Liveticker beziehungsweise abends als interessierte Zuschauerin am Bildschirm. Kira Biesenbach fieberte mit ihren Vereinskolleginnen und Kollegen – speziell mit den Stabhochspringern Torben Blech und Bo Kanda Lita Baehre – mit und drückte diesen die Daumen.
Jahrelang war die Wermelskirchenerin selbst Stammgast bei der „Deutschen“, räumte reihenweise Titel ab und genoss es immer sehr, sich mit den Besten der Besten zu messen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Nach zwei schwereren Verletzungen hat Biesenbach ihre Leichtathletik-Karriere zwar noch nicht komplett beendet, sich aber ganz bewusst dazu entschlossen, die Prioritäten anders zu setzen. „Der Sport ist schön und gut“, sagt sie, „aber eben auch nicht alles.“
Vor wenigen Wochen hat die 28-Jährige ihr Referendariat beendet. An einer weiterführenden Schule in Köln-Chorweiler, wo sie nach dem Lehramtsstudium in Sport und Sozialwissenschaften (Bachelor plus Master) an der Deutschen Sporthochschule Köln endgültig gemerkt hat, dass sie ihre Berufung gefunden hat. „Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, und ich liebe es, als Lehrerin zu arbeiten“, erzählt Biesenbach, die seit Ende April als Vertretungskraft an einer Grundschule in Leverkusen tätig ist und sagt: „Ich weiß noch nicht, wie und wo es weitergeht.“Eines steht für sie aber fest: Sie will weiterhin mit Schülerinnen und Schülern arbeiten. Ihnen etwas beibringen und vermitteln.
Wie viel Freude ihr das bereitet und wie richtig der Schritt war, nach vier Semestern BWL noch einmal die Studienrichtung zu wechseln, hat Biesenbach während des Referendariats in Chorweiler erlebt. In einer Gegend, die manch einen möglicherweise abgeschreckt hätte. Schlechte Erfahrung hat die Wermelskirchenerin aber zu keinem Zeitpunkt gemacht. Im Gegenteil: „Ich fand es ganz toll.“Was auch daran lag, dass die Bedingungen für den Sport mit zwei Dreifach-Hallen und einer zu nutzenden Bezirkssportanlage an Perfektion grenzten und sie sich voll in ihrem Element austoben konnte. „Es macht mir große Freude, meine Begeisterung für den Sport weiterzugeben.“
Rückblickend muss Kira Biesenbach angesichts ihrer Leidenschaft für den Lehrerberuf aber auch ein wenig schmunzeln. Zu den fleißigsten Schülerinnen hatte sie trotz des am Ende gemeisterten Abiturs am Landrat-Lucas-Gymnasium in Leverkusen-Opladen nicht gezählt. „Ich hätte schon mehr tun können“, sagt sie schmunzelnd. Aber auch diese Erfahrung könne sie jetzt auf der anderen Seite des Klassenraums nutzen.
Auch als Sportlerin ist Biesenbach drauf und dran, den Rollentausch zu vollziehen. Bei Bayer Leverkusen bringt sie sich seit einiger Zeit als Trainerin mit ein und gibt vieles von dem, was sie als Siebenkämpferin mitgenommen hat, an die Jugend weiter. „Irgendwie hängt man ja doch an der Leichtathletik“, sagt sie. „Und das wird auch immer so bleiben.“Noch immer ist die Wermelskirchenerin, die ihren Lebensmittelpunkt vor Jahren nach Leverkusen in die Nähe der Fritz-Jacobi-Anlage verlagert hat, dadurch „jeden Tag auf dem Platz“.
Neben dem Coaching der Jugend trainiert die frühere Spitzen-Siebenkämpferin auch selbst so oft sie
kann mit. Denn: „Ganz an den Nagel habe ich die Schuhe noch nicht gehängt.“Dafür liebt sie ihren Sport zu sehr. Kein Wunder, dass sie auch die Rolle der Athletensprecherin des Vereins übernommen hat und sich vorstellen kann, noch einmal bei einem Wettkampf zu starten.
Die ganz großen Ambitionen liegen aber hinter ihr. Als sich Biesenbach vom WTV aus auf den Weg machte, in die nationale Spitze zu stürmen. 2010 wurde sie Deutsche A-Jugend-Meisterin, zwei Jahre später setzte sie in Hannover einen Meilenstein und gewann sowohl bei den Frauen als auch mit der Mannschaft den DM-Titel. Ein Jahr später trumpfte sie auch international auf. Bei der Europameisterschaft der U 23 im finnischen Tampere gewann sie Silber, wenige Wochen später ging Biesenbach für Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Moskau an den Start. Wegen einer Verletzung musste sie den Siebenkampf damals aber abbrechen.
Überhaupt hat der Körper ihr immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung gemacht. 2014 zog sie sich einen Riss des Kreuzbandes zu, vier Jahre später war die Achillessehne dran. Damals stellte sie sich die Frage: „Inwieweit macht Leistungssport noch Sinn?“Schnell fand sich Biesenbach damit ab, nicht mehr um die ganz großen Titel im Siebenkampf kämpfen zu können. Von Unzufriedenheit oder gar Frustration aber keine Spur. Biesenbach: „Ich habe alles richtig gemacht und bin froh, eine solche Karriere als Leistungssportlerin erlebt zu haben.“