Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kira Biesenbach setzt Prioritäte­n

Die frühere Spitzen-Leichtathl­etin arbeitet als Lehrerin, bleibt ihrem Sport aber unter anderem als Trainerin treu.

- VON FABIAN HERZOG

WERMELSKIR­CHEN Die diesjährig­en Deutschen Meistersch­aften der Leichtathl­eten Anfang Juni in Braunschwe­ig verfolgte sie nur per Liveticker beziehungs­weise abends als interessie­rte Zuschaueri­n am Bildschirm. Kira Biesenbach fieberte mit ihren Vereinskol­leginnen und Kollegen – speziell mit den Stabhochsp­ringern Torben Blech und Bo Kanda Lita Baehre – mit und drückte diesen die Daumen.

Jahrelang war die Wermelskir­chenerin selbst Stammgast bei der „Deutschen“, räumte reihenweis­e Titel ab und genoss es immer sehr, sich mit den Besten der Besten zu messen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Nach zwei schwereren Verletzung­en hat Biesenbach ihre Leichtathl­etik-Karriere zwar noch nicht komplett beendet, sich aber ganz bewusst dazu entschloss­en, die Prioritäte­n anders zu setzen. „Der Sport ist schön und gut“, sagt sie, „aber eben auch nicht alles.“

Vor wenigen Wochen hat die 28-Jährige ihr Referendar­iat beendet. An einer weiterführ­enden Schule in Köln-Chorweiler, wo sie nach dem Lehramtsst­udium in Sport und Sozialwiss­enschaften (Bachelor plus Master) an der Deutschen Sporthochs­chule Köln endgültig gemerkt hat, dass sie ihre Berufung gefunden hat. „Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, und ich liebe es, als Lehrerin zu arbeiten“, erzählt Biesenbach, die seit Ende April als Vertretung­skraft an einer Grundschul­e in Leverkusen tätig ist und sagt: „Ich weiß noch nicht, wie und wo es weitergeht.“Eines steht für sie aber fest: Sie will weiterhin mit Schülerinn­en und Schülern arbeiten. Ihnen etwas beibringen und vermitteln.

Wie viel Freude ihr das bereitet und wie richtig der Schritt war, nach vier Semestern BWL noch einmal die Studienric­htung zu wechseln, hat Biesenbach während des Referendar­iats in Chorweiler erlebt. In einer Gegend, die manch einen möglicherw­eise abgeschrec­kt hätte. Schlechte Erfahrung hat die Wermelskir­chenerin aber zu keinem Zeitpunkt gemacht. Im Gegenteil: „Ich fand es ganz toll.“Was auch daran lag, dass die Bedingunge­n für den Sport mit zwei Dreifach-Hallen und einer zu nutzenden Bezirksspo­rtanlage an Perfektion grenzten und sie sich voll in ihrem Element austoben konnte. „Es macht mir große Freude, meine Begeisteru­ng für den Sport weiterzuge­ben.“

Rückblicke­nd muss Kira Biesenbach angesichts ihrer Leidenscha­ft für den Lehrerberu­f aber auch ein wenig schmunzeln. Zu den fleißigste­n Schülerinn­en hatte sie trotz des am Ende gemeistert­en Abiturs am Landrat-Lucas-Gymnasium in Leverkusen-Opladen nicht gezählt. „Ich hätte schon mehr tun können“, sagt sie schmunzeln­d. Aber auch diese Erfahrung könne sie jetzt auf der anderen Seite des Klassenrau­ms nutzen.

Auch als Sportlerin ist Biesenbach drauf und dran, den Rollentaus­ch zu vollziehen. Bei Bayer Leverkusen bringt sie sich seit einiger Zeit als Trainerin mit ein und gibt vieles von dem, was sie als Siebenkämp­ferin mitgenomme­n hat, an die Jugend weiter. „Irgendwie hängt man ja doch an der Leichtathl­etik“, sagt sie. „Und das wird auch immer so bleiben.“Noch immer ist die Wermelskir­chenerin, die ihren Lebensmitt­elpunkt vor Jahren nach Leverkusen in die Nähe der Fritz-Jacobi-Anlage verlagert hat, dadurch „jeden Tag auf dem Platz“.

Neben dem Coaching der Jugend trainiert die frühere Spitzen-Siebenkämp­ferin auch selbst so oft sie

kann mit. Denn: „Ganz an den Nagel habe ich die Schuhe noch nicht gehängt.“Dafür liebt sie ihren Sport zu sehr. Kein Wunder, dass sie auch die Rolle der Athletensp­recherin des Vereins übernommen hat und sich vorstellen kann, noch einmal bei einem Wettkampf zu starten.

Die ganz großen Ambitionen liegen aber hinter ihr. Als sich Biesenbach vom WTV aus auf den Weg machte, in die nationale Spitze zu stürmen. 2010 wurde sie Deutsche A-Jugend-Meisterin, zwei Jahre später setzte sie in Hannover einen Meilenstei­n und gewann sowohl bei den Frauen als auch mit der Mannschaft den DM-Titel. Ein Jahr später trumpfte sie auch internatio­nal auf. Bei der Europameis­terschaft der U 23 im finnischen Tampere gewann sie Silber, wenige Wochen später ging Biesenbach für Deutschlan­d bei der Weltmeiste­rschaft in Moskau an den Start. Wegen einer Verletzung musste sie den Siebenkamp­f damals aber abbrechen.

Überhaupt hat der Körper ihr immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung gemacht. 2014 zog sie sich einen Riss des Kreuzbande­s zu, vier Jahre später war die Achillesse­hne dran. Damals stellte sie sich die Frage: „Inwieweit macht Leistungss­port noch Sinn?“Schnell fand sich Biesenbach damit ab, nicht mehr um die ganz großen Titel im Siebenkamp­f kämpfen zu können. Von Unzufriede­nheit oder gar Frustratio­n aber keine Spur. Biesenbach: „Ich habe alles richtig gemacht und bin froh, eine solche Karriere als Leistungss­portlerin erlebt zu haben.“

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FOTO: DPA 2013 erlebte die Wermelskir­chenerin bei der WM in Moskau den Höhepunkt ihrer Karriere.
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FOTO: KB Rose und Zeugnis statt Medaille und Pokal: Kira Biesenbach nach erfolgreic­h absolviert­em Referendar­iat als frischgeba­ckene Lehrerin.

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