Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Endlich wieder gemeinsam singen
Kantorin Inga Kuhnert hatte für Montagabend zum gemeinsamen Singen eingeladen. Etwa 20 Sängerinnen und Sänger waren ans Gemeindezentrum Lindenberg gekommen – und freuten sich vor allem über das Zusammensein.
LINDENBERG Und wieder war es ein Schritt zurück in die Normalität: Am Montagabend durften sich die Anwohner des Gemeindezentrums der Evangelischen Kirchengemeinde am Lindenberg über Gesang aus vielen Kehlen freuen. Der konkurrierte mit dem Gezwitscher der Vögel – und war dabei ein so willkommenes Geräusch, eben weil es so lange nicht mehr gehört wurde.
Kantorin Inga Kuhnert hatte zum Offenen Singen auf den Parkplatz des Gemeindezentrums eingeladen. Etwa 20 Sängerinnen und Sänger waren der Einladung gefolgt, wobei die weiblichen Stimmen klar in der Überzahl waren. Wer dabei war, konnte einen negativen Corona-Test oder einen Impf-Nachweis vorweisen, trug eine Mund-Nase-Maske und hatte jede Menge Lust aufs gemeinsame Singen. Zu Beginn erklang der bekannte Kanon „Froh zu sein bedarf es wenig“mit vier Stimmen.
Für Inga Kuhnert war es allerdings nicht die erste Gesangseinlage dieser auf ihr Ende zugehenden ersten Jahreshälfte 2021. „In der Vorwoche hat der Kammerchor ‚Vocale‘ bereits eine erste Hybridprobe absolviert – eine Hälfte der Sängerinnen und Sänger war auf der Empore der Pauluskirche, die andere wurde virtuell via Zoom zugeschaltet. Und das hat wirklich hervorragend geklappt“, berichtete die Kantorin. In der nächsten Woche würden dann Kinder- und Jugendchor sowie die Kirchenband wieder in die Probenarbeit einsteigen können.
„Aber heute ist erst einmal das Offene Singen dran. Hier geht es in erster Linie um den Spaß am Singen. Es konnte sich auch jeder anmelden, ob aus der Gemeinde oder nicht, ob bereits in einem Chor oder nicht“, sagte Inga Kuhnert. Dabei klang das durchaus anspruchsvoll, wenn das Kirchenlied „Alles was Odem hat, lobe den Herrn“in drei Stimmen und mit sehr klaren Harmonien zu hören war. Dass allerdings eben trotz niedriger Inzidenzzahlen und sommerlicher Temperaturen noch nicht wieder alles im Normalzustand angekommen war, zeigte sich schon beim Eintrudeln der Sänger. Nicht nur, dass alle mit Maske auf den Parkplatz kamen, auch der Abstand der Stühle von gut zwei Metern durfte nicht verringert werden. „Ein paar Corona-Regeln gibt es eben noch – und dazu gehört eben dieser Abstand beim Singen“, erläuterte Inga Kuhnert. Sie sei auch sehr froh über das gute Wetter, verriet sie vor dem Offenen Singen, denn im Inneren des Gemeindezentrums wäre der Abstand nicht so gut einzuhalten gewesen.
Wenn die Kantorin neue Notenhefte verteilte, tat sie das immer mit Maske über Mund und Nase – am Sitzplatz durfte sie allerdings abgenommen werden. Jedoch dürfte das ein relativ geringer Aufwand dafür sein, dass endlich wieder gemeinsam gesungen werden durfte. Und
während der etwa einen Stunde, in deren Verlauf bekannte Volkslieder wie „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“oder „Die Gedanken sind frei“ebenso gesungen wurden, wie Kirchenlieder wie „Geh aus mein Herz“, war die Stimmung unter den Sängerinnen und Sänger bestens. Etwa bei Angelika Böttcher. „Es wird allerhöchste Zeit, dass man wieder so etwas gemeinsam machen
kann“, sagte sie. „Mal sehen, ob wir überhaupt noch singen können, nach der langen Pause.“
Sie habe bislang zwar nur im Rahmen von Projekten mitgesungen, könne sich aber vorstellen, künftig öfter in einem Chor der Evangelischen Kirchengemeinde mitzusingen. „Das gemeinsame Singen baut auf, das merkt man direkt. Ich hoffe nur, dass die Situation sich weiter entspannt und wir vielleicht bis zu Weihnachten etwas Größeres einstudieren können“, sagte Angelika Böttcher.
Über 56 Jahre Erfahrung als Kantorei-Sänger verfügt hingegen Joachim Hamann. „In dieser Zeit habe ich schon so manchen Dirigenten erlebt“, sagte das Kantorei-Urgestein. Die vergangenen Monate waren eine unfreiwillige Zwangspause, über deren Ende der Hückeswagener nun so gar nicht traurig war: „Das Singen hat mir sehr gefehlt. Ich bin froh, dass wir uns wieder auf diese Weise treffen können“, sagte er bestens gelaunt.
Gute Laune, befreite Stimmung – das zu erleben tat gut. Und wenn dann auch noch der Gesang so herrlich frisch durch die warme Abendluft erklang, konnte man sich durchaus ein bisschen Hoffnung auf Normalität erlauben, ohne dabei gleich Wolkenschlösser zu bauen.