Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Vom Waldschrat und dem netten Moosfräulein
Ab dem 27. Juni erscheint wöchentlich eine Folge von „Mystische Kreaturen und wo sie zu finden sind“auf dem Youtube-Kanal des Teo Otto Theaters.
Freundliche Moosfräulein, ein garstiger Waldschrat, der Klabautermann, ein Lindwurm und sogar ein so mystisches Tier wie der mit Federn geschmückte Basilisk bevölkerten die Wälder rund um Schloss Burg und die Lüttringhausener Hermannsmühle. Sie bildeten den perfekten Rahmen für die fantastische Welt der deutschen Sagen und Märchen. Nahebringen will sie uns das Teo Otto Theater mit vier rund 15 Minuten dauernden Filmen, die ab dem 27. Juni unter der Überschrift „Mystische Kreaturen und wo sie zu finden sind“wöchentlich auf dem Youtube-Kanal des Theaters zu sehen sind – kostenfrei.
Biologe Florian Schäfer, der von der Mythen- und Sagenwelt begeistert ist, und Musikerin Christine „Tini“Rauscher wollen so die immer mehr in Vergessenheit geratenen Geschichten über Fabelwesen neu beleben – für jedes Alter. „Das ist ein schon lange geplantes Projekt, das wir aber eigentlich als Bühnenprogramm fürs Teo Otto Theater im Blick hatten“, erklärt Sven Graf, künstlerischer Leiter des Theaters. Daraus ist jetzt eine Mischung aus Bühnenmaterial und den mystischen Protagonisten geworden, die in ihrem natürlichen Umfeld im Wasser, im Wald und auf der Burg gezeigt werden.
„Wir filmen nicht einfach etwas ab. Und haben so aus der Not hoffentlich eine Tugend gemacht“, sagt Graf. Und zumindest auf der Bank an der Hermannsmühle erregten die moosbewachsenen, fantasievollen Figuren, auf deren Armen und Köpfen Pilze sprießen, der etwa 1,70 Meter große, furchteinflößende Schrat mit seinem braunen, zotteligen Pelz, der Pfeife rauchende Klabautermann mit der Seemannsmütze und der Basilisk, der Merkmale eines Huhns aufweist, große Aufmerksamkeit. „Was passiert denn hier?“oder auch „Das ist ja mal interessant“war von Spaziergängern immer wieder zu hören.
„Die Mythen unserer Vergangenheit sind bevölkert von Natur- und Hausgeistern“, weiß Schäfer. Der Glaube an sie habe das Leben der Menschen über viele Jahrhunderte geprägt. Schäfer recherchierte und modellierte diese Hausgeister und die anderen Fabelwesen. Er ist auch Buchautor. Aus einer Modelliermasse, die im Ofen gehärtet wird. Mit allerlei Materialien aus der Natur, aber auch aus Plastik, werden die Geister dann ausstaffiert.
Auch stellt Schäfer seine Hausgeister in einem Buch vor. „Es sind Sagengestalten des europäischen Sprachraums, die bei uns – anders als beispielsweise in Island – hier fast vergessen sind“, macht Schäfer deutlich. Früher hätten die Menschen daran geglaubt und sich mit ihrer Hilfe die Umwelt erklärt.
Die Musikerin mit dem Künstlernamen Tini hat zu den Geschichten zwei Lieder geschrieben, in denen sich die Geschichten widerspiegeln. Sie tritt in den Filmen im Kostüm einer Magd auf. In einer dieser kurzen Erzählungen wird beispielsweise ein Moosfräulein vom wilden Jäger gejagt. Er will die guten Waldgeister schnappen, aber dem Fräulein gelingt die Flucht. Jetzt hat es als Hausgeist Zuflucht in dem Haus gefunden, in dem die Magd arbeitet.
„Am Wasser – dort hat der Klabautermann sein Zuhause – leben die Wassergeister. Früher hat man den Kindern erzählt, dass sie von ihnen ins Wasser gezogen werden. Und so verhindert, dass die Kids zu nahe an einen See, einen Fluss gehen“, nennt Schäfer ein Beispiel für die Bedeutung der Sagengeschichten.
„Zwar begeistern uns fantastische Romane wie die Harry-Potter-Bücher, Filme und Serien, aber trotz der anhaltenden Beliebtheit solcher Medien schwindet das Wissen um die Herkunft dieser überlieferten Motive im allgemeinen Bewusstsein.“Daher sei es an der Zeit, die Faszination um die fast vergessenen Sagengestalten des mitteleuropäischen Raumes aufleben zu lassen.
„Die Tonaufnahmen zu den Geschichten haben wir schon einen Tag eher im Theater gemacht, heute sind die Außenaufnahmen dazu gekommen“, sagt Graf. Er hofft, dass besonders das junge Publikum Spaß an diesen vier Clips haben wird. Und alle drei Beteiligten hoffen, dass sich das Projekt eines Tages vielleicht doch auf der Theaterbühne realisieren lässt.