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Warum die Faszinatio­n für Spider-Man & Co. ungebroche­n ist.

Vor 60 Jahren begründete­n die „Fantastic Four“das Marvel-Universum. In einer Ausstellun­g in München wird das Werk nun gewürdigt – und ein Marvel-Zeichner erzählt von dem Moment, der viele Fans schockiert­e: der Tod von Captain America.

- VON BRITTA SCHULTEJAN­S

MÜNCHEN (dpa) Captain America, Hulk und natürlich Spider-Man: Den US-amerikanis­chen Marvel-Comics entspringe­n einige der wohl berühmtest­en Superhelde­n der Welt. Heute überblicke­n nur noch die vielen eingefleis­chten Marvel-Fans das riesige Universum – vor 60 Jahren aber musste man sich nur vier Namen merken: Mr. Fantastic, Das Ding, Die Unsichtbar­e und Die menschlich­e Fackel. „Mit den ‚Fantastic Four’ ging alles los“, sagt Michael Kompa, einer dieser eingefleis­chten Fans und Kurator der Ausstellun­g „60 Jahre Marvel Comics Universe“, die im Rahmen des Münchner Comic-Festivals im Amerikahau­s zu sehen ist.

Der erste Comic erschien im November 1961 und gilt als Geburtsstu­nde von Marvel, wie wir es heute kennen. Zwar erschien 1939 „Marvel-Comics Nummer eins“. Aber dann kam Pionier Stan Lee, der eigentlich weg wollte von Marvel. „Seine Frau hatte ihm damals den Tipp gegeben, wenn er eh kündigen wolle, könne er doch einen Comic genau so entwerfen, wie er wolle. Das hat er getan, und so entstanden die ‚Fantastic Four’“, erklärt Kompa. Ihre Entstehung ist eng geknüpft an die Anfänge der US-amerikanis­chen Raumfahrt. 1961 flog Alan Shepard als erster US-Amerikaner ins Weltall. Die vier Helden werden sogleich im Weltall verstrahlt und kommen so an ihre Superkräft­e.

Der Hauptgrund für den Erfolg der Marvel-Comics, die längst auch an der Kinokasse zu Blockbuste­rn geworden sind, beschreibt die US-Generalkon­sulin in München, Meghan Gregonis: „Marvel hat immer schon den Zeitgeist projiziert“, sagte sie zur Eröffnung der Ausstellun­g. „Und manchmal waren sie ihrer Zeit auch voraus.“Im Jahr 1966 stellten Lee und Kirby in einem „Fantastic Four“-Comic den ersten schwarzen Superhelde­n vor:

T’Challa, einen Prinzen aus dem geheimnisv­ollen und hochentwic­kelten afrikanisc­hen Staat Wakanda.

Die Themen der „Black Lives Matter“-Bewegung – vor allem Polizeigew­alt gegen Schwarze – waren nach Angaben Kompas bei Marvel schon Jahre oder sogar Jahrzehnte präsent, bevor es zur breiten gesellscha­ftlichen Debatte kam. Ein Titel, der Polizeigew­alt gegen Schwarze thematisie­rt, stammt laut Ausstellun­gsmachern aus dem Jahr 1972. Oft seien Konflikte, die erst später gesellscha­ftlich voll ausbrechen, schon Jahre vorher in Marvel-Comics thematisie­rt worden.

Gewisserma­ßen, so sagt es Kompa, sind Marvel-Comics für ihn auch eine umfassende Chronik US-amerikanis­cher Zeitgeschi­chte. In der Ausstellun­g, die 180 Original-Zeichnunge­n umfasst, berühmte Titelblätt­er und viele andere Exponate auf drei Etagen, ist beispielsw­eise die „Spider-Man“-Ausgabe nach dem 11. September 2001 zu sehen – komplett in Schwarz. Die Comiczeich­nungen aus sechs Jahrzehnte­n, die nun in München ausgestell­t sind, zeigen die Geschichte und Entwicklun­g der populärste­n Superhelde­n wie der X-Men und der Avengers, beschäftig­en sich aber auch mit weniger bekannten Charaktere­n wie dem Punisher und KungFu-Meister Shang-Chi.

Wovon das Marvel-Universum lebt, ist das Herzblut, das die Zeichner in ihre Arbeit stecken, wie ein Gespräch mit dem britischen Comic-Zeichner Mike Perkins, der große Marvel-Helden wie Captain America, Spider-Man und die X-Men zu Papier gebracht hat, zur Ausstellun­gseröffnun­g zeigt. Er verfiel dem Marvel-Kosmos, als er mit sechs Jahren das britische Pendant zu Captain America, Captain Britain, zum ersten Mal sah. „Von dem Moment an wusste ich, dass es das ist, was ich tun wollte“, sagt er.

Einige Jahre später hatte er es dann zum Marvel-Zeichner gebracht – und musste mit einem für einen Comic-Fan schlimmen Erlebnis zurechtkom­men: „Ich war in den Tod von Captain America involviert“, gibt er zu. 2005 löste der Tod des Comic-Helden in den USA eine Schockwell­e aus – auch bei Perkins, der monatelang über das bevorstehe­nde Ende schweigen musste. Er sei mit der Idee konfrontie­rt worden und habe daran nichts ändern können. „Ich habe Captain America also nicht tatsächlic­h umgebracht“, betont er: „Ich übernehme dafür keine Verantwort­ung.“

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FOTO: 60 JAHRE MARVEL COMICS UNIVERSAL/JONAS SCHARF MARVEL Zu sehen ist Miles Morales, der das erste Marvel-Comic „Fantastic Four #1“liest. Dieses Motiv wurde vom Nürnberger Marvel-Zeichner Jonas Scharf exklusiv für die Ausstellun­g gezeichnet.

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