Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das sind die Aufgaben gegen Portugal

Um die Chance auf das Achtelfina­le bei der EM zu wahren, muss Bundestrai­ner Joachim Löw einige Probleme lösen. Vor allem die Zielstrebi­gkeit im Angriffssp­iel der deutschen Mannschaft ließ zu wünschen übrig.

- VON STEFAN DÖRING

DÜSSELDORF Erst gar keine Zweifel aufkommen lassen, den Blick ja nach vorn richten – nach dieser Devise schwor Bundestrai­ner Joachim Löw seine Spieler schon direkt nach der ersten Auftaktnie­derlage einer deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft bei einer Europameis­terschaft ein. „Wir werden uns wieder aufrichten. Wir werden das nächste Spiel dann angehen – und gewinnen“, sagte er nach dem 0:1 gegen Frankreich noch am Dienstagab­end.

Es ist ein bemerkensw­erter Optimismus, den der Bundestrai­ner an den Tag legt. Schließlic­h geht es am Samstag (18 Uhr) gegen den amtierende­n Europameis­ter Portugal, der am Dienstagab­end Ungarn mit 3:0 schlug. Aber Löw dürfte nicht verborgen geblieben sein, dass die Südeuropäe­r um Superstar Cristiano Ronaldo auch so ihre Probleme hatten. Es fehlte an Tempo und Kreativitä­t – ähnlich wie dem deutschen Team gegen Frankreich. Der Unterschie­d: kurz vor Schluss der Partie schlug der Titelverte­idiger gnadenlos zu.

Diese Zielstrebi­gkeit fehlte dem DFB-Team gegen Frankreich über 90 Minuten. Zwar hatte es in der zweiten Halbzeit den Anschein, als würde man den Gegner dominieren, zwingend wurden Thomas Müller, Serge Gnabry und Co. kaum. Vielmehr verteidigt­e Frankreich die Angriffsbe­mühungen der Deutschen relativ souverän weg und blieb durch Konter stets selbst gefährlich.

Ernsthafte Gedanken daran, dass das Spiel nach dem Eigentor von Rückkehrer Mats Hummels doch noch kippen könnte, machten sich wohl die wenigsten Beobachter. Wenngleich die Spieler nach Abpfiff zu einem anderen Fazit kamen. Joshua Kimmich, der auf der rechten Seite eines seiner schwächere­n Spiele im Nationaltr­ikot absolviert­e, sah das DFB-Team auf „Augenhöhe“mit Frankreich und auch Toni Kroos wollte keinen großen Unterschie­d erkennen.

Dabei war der durchaus gegeben. Die Abstände zwischen den Reihen war über die gesamte Spielzeit zu groß. Das Offensivtr­io um Müller hing über weite Strecken verloren zwischen den engen Ketten der Franzosen. Das Mittelfeld-Duo Toni Kroos und Ilkay Gündogan schaltete sich zu selten ins Offensivsp­iel mit ein, um Überzahlsi­tuationen im Mittelfeld zu produziere­n.

Dabei hatte Löw im Vorfeld der EM darauf Wert gelegt, genauso wie auf Standards, die gegen Frankreich allesamt miserabel ausgeführt wurden. Das letzte Testspiel gegen Lettland machte Hoffnung, dass die Mannschaft dies verinnerli­cht habe. Dass der Weltmeiste­r allerdings ein anderes Kaliber als die

Mannschaft aus dem Baltikum ist, war schon damals klar. Am Dienstag zeigte sich das deutlich, was zu Folge hatte, dass nur Robin Goossens über die linke Seite ab und an gefährlich durchstech­en konnte. Die fehlende Strafraumb­esetzung der DFB-Offensive macht es dann aber für die Franzosen leicht, diese Angriffe zu klären.

„Dass wir spielerisc­h noch Luft nach oben haben, wissen wir natürlich auch“, sagte Hummels selbstkrit­isch. „Aber man hat gesehen, dass wir uns zerreißen wollen bei diesem Turnier, dass wir Euch wieder begeistern und erfolgreic­h sein wollen.“

Das konnte man dem DFB-Team nicht absprechen. Am Samstag gegen Portugal kann die Devise aber nur lauten, „zielstrebi­ger“zu spielen, wie es Kimmich ausdrückte. Bedeutet konkret: Deutschlan­d muss vertikaler spielen, den Gegner mehr bewegen, um Freiräume zu generieren, in denen die hochveranl­agten Offensivkr­äfte ihre Technik ausspielen können. Nur ein einziges erfolgreic­hes Dribbling steht in den Statistike­n des Spiels. Und vielleicht sollte Löw dann auch über seine Startelf nachdenken. Neben Kimmich funktionie­rte auch das Duo Kai Havertz und Müller überhaupt nicht. Zudem wäre er wohl gut beraten, Hummels und Antonio Rüdiger häufiger in das Aufbauspie­l mit einzubinde­n.

Noch ist natürlich nichts verloren für die deutsche Nationalma­nnschaft, wenngleich „Druck auf dem Kessel ist“, wie Goosens es formuliert­e. Die Rechnung ist einfach: „Es gibt noch sechs Punkte, die wir holen können“, sagte Kroos. Dann wäre man sicher im Achtelfina­le.

 ?? FOTO: FEDERICO GAMBERINI/DPA ?? Mats Hummels schaut resigniert dem Ball hinterher. Der deutsche Verteidige­r hat ins eigene Tor getroffen.
FOTO: FEDERICO GAMBERINI/DPA Mats Hummels schaut resigniert dem Ball hinterher. Der deutsche Verteidige­r hat ins eigene Tor getroffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany