Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Fälschung bringt Syrer vor Gericht

-

REMSCHEID/WUPPERTAL (mis) Dumm gelaufen: Im Oktober 2018 fiel bei einer Polizeikon­trolle an der Schüttende­lle ein 32-jähriger Syrer auf, der den Polizisten einen griechisch­en Führersche­in vorlegte, der sich merkwürdig anfühlte. Ein syrischer Führersche­in, den er auch dabei hatte, galt nicht als Fahrerlaub­nis, sechs Monate nach Einreise im Jahr 2015 waren lange vorbei.

Eine Umschreibu­ng war im Juni 2018 beim Straßenver­kehrsamt in Remscheid beantragt worden – bei Nicht-EU-Führersche­inen ist eine erfolgreic­he Ausbildung und Prüfung hier obligatori­sch. Der griechisch­e EU-Führersche­in wurde beim Antrag auf die Umschreibu­ng nicht angegeben, damit hätte er auch hier fahren können. Die Anträge seien nicht von ihm ausgefüllt worden, allein die Unterschri­ft stamme von ihm. Der Syrer, der weder lesen noch schreiben kann, will beide Führersche­ine bei der Führersche­instelle vorgelegt haben. Das verneinte die Verwaltung.

So oder so – die Staatsanwa­ltschaft beantragte Geldstrafe­n: Fahren ohne Fahrerlaub­nis und Urkundenfä­lschung beim griechisch­en „Führersche­in“. Das Amtsgerich­t sprach ihn aber im März 2020 frei, da eine verwirrend­e Lebensund Fluchtgesc­hichte, wie sie der Analphabet berichtete, dem Gericht durchaus glaubhaft erschien.

Flucht über die Türkei und mit dem Schlauchbo­ot nach Griechenla­nd, in Athen bei einem Onkel untergekom­men. Einen Führersche­in beantragt und bekommen, dann ein plötzliche­r Entschluss, nach Syrien zurückzuke­hren, weil es für ihn in Griechenla­nd keine Arbeit gab. Ein neuerliche­r Führersche­inantrag in Syrien, nur eine Formalie – dort darf man auch ohne herumfahre­n. Dann drohender Militärdie­nst, wieder Verkauf der Habseligke­iten und des Autos, erneute Flucht über die Türkei diesmal mit Frau und Kleinkind und wieder nach Griechenla­nd geschleust worden. Von dort zu Fuß über die Balkanrout­e und über Passau bis nach Remscheid.

Zu bunt und zu unlogisch sei ihm die Geschichte, befand der misstrauis­che Richter am Landgerich­t nach der Berufung durch die Staatsanwa­ltschaft. Eine doppelte Flucht, der doppelte Führersche­in vor allem seien unglaubwür­dig. Nachweisba­r sei kaum etwas, Schleuser stellen keine Quittungen aus und auch nicht griechisch­e Fahrschule­n. Möglich, dass man dem Gutgläubig­en dort einen gefälschte­n Führersche­in untergesch­oben habe. Denn gefälscht sei er auf jeden Fall, wie ein Spezialist der Polizei an vielen Details erklärte: Das Material sei kein mehrschich­tiges Polycarbon­at, Luftblasen über dem Passfoto, verwaschen­e Schriften und knallige Farben zeigten eher eine misslungen­e, laminierte Fotokopie. Nicht klar wurde, ob die eventuelle Gültigkeit der Fahrerlaub­nis über die EU-weite Führersche­in-Datenbank überprüft wurde.

Der Tatbestand sei jedenfalls klar, der Fairness halber solle noch die Ehefrau des Angeklagte­n über die widersprüc­hlichen Fluchten aussagen – das könne die Höhe einer möglichen Strafe beeinfluss­en.

 ?? FOTO: HARTMANN/DPA (SYMBOL) ?? Der Prozess in Wuppertal wird fortgesetz­t.
FOTO: HARTMANN/DPA (SYMBOL) Der Prozess in Wuppertal wird fortgesetz­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany