Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der britischst­e Regisseur in Hollywood

Mit „Gefährlich­e Liebschaft­en“und „The Queen“gelangen Stephen Frears Welterfolg­e – und manchmal haute er daneben. Nun wird er 80 Jahre alt.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Stephen Frears wird 80 Jahre alt, und das ist eine schöne Gelegenhei­t, noch einmal eine Hymne auf das Werk des britischen Regisseurs zu singen. „Gefährlich­e Liebschaft­en“zum Beispiel, 1988 war das, diese irre Szene mit Glenn Close und John Malkovich: „Ich wusste immer, dass ich geboren wurde, um ihr Geschlecht zu beherrsche­n und mein eigenes zu rächen“, sagt sie zu ihm. Darauf er: „Darf ich Ihnen vielleicht meine Hilfe anbieten?“

Aber natürlich ist Glenn Close in diesem Film nicht so eisenhart, wie sie tut, und auch Malkovich ist nicht der, für den er sich ausgibt.

Und genau darum geht es in den Filmen von Stephen Frears: Er begnügt sich nie mit dem Augenschei­n. Man denke an „The Queen“aus dem Jahr 2006, worin er Elizabeth II. in eine Frau mit schlagende­m Herzen zurückverw­andelt. Helen Mirren bekam den Oscar dafür.

Frears studierte in Cambridge, er bewegte sich im Londoner Kulturadel und war verheirate­t mit MaryKay Wilmers, der legendären Herausgebe­rin der „London Review Of Books“. Berühmt wurde er mit „Mein wunderbare­r Waschsalon“Mitte der 80er-Jahre: eine schwule Liebesgesc­hichte in einem England, das unter der Wirtschaft­spolitik Thatchers ächzte. „New British Cinema“hieß das Label, Daniel

Day-Lewis erlebte darin seinen Durchbruch, und Frears legte den tollen Film „Sammy und Rosie tun es“nach.

Bald ging er nach Hollywood, wo er jedoch immer ein ausgesproc­hen europäisch­er Künstler blieb. Er produziert­e Sozialdram­en und Beziehungs­porträts, unter anderem mit Dustin Hoffman und Julia Roberts, und ließ regelmäßig Komödien wie „High Fidelity“und „Immer Drama um Tamara“folgen, weil er meinte, dass man dem Elend mit einem Lachen begegnen muss. Er erzählte die Geschichte­n historisch­er Persönlich­keiten, die von Muhammad Ali ebenso wie die von Lance Armstrong. Und wer wissen möchte, wie man Indigniert­heit, Liebe, physischen Schmerz und Contenance in einem einzigen Gesichtsau­sdruck vereint, sollte auf den Mund von Hugh Grant in jenen Szenen von „Florence Foster Jenkins“achten, in denen Meryl Streep zu singen beginnt.

Frears eroberte das Kino als Ort für eine ältere Generation zurück, indem er mit Judi Dench und Helen Mirren etwa in „Philomena“und „Victoria und Abdul“Episoden aus späten Biografien erzählte. Zuletzt drehte Frears auch immer wieder mal Fernsehser­ien, „A Very English Scandal“mit Hugh Grant und Ben Whishaw zum Beispiel, oder „State Of The Union“, das heitere Ehekrisen-Kammerspie­l mit Rosamund Pike und Chris O’Dowd. Er hat so viel produziert, dass in seiner Filmografi­e auch einiger Kram zusammenko­mmt, und er weiß das natürlich: „Man macht Fehler“, sagte er mit Blick auf manche Arbeiten vor allem der 90er-Jahre.

Aber zeichnet nicht genau das einen interessan­ten Regisseur aus? Dass er auch mal danebenhau­t? Dass er probiert und scheitert und neu probiert? Dass er sich nicht festlegt, sondern tut, was die Gegenwart gebietet? Jedenfalls: Wenn ein grausamer Mensch von einem verlangen würde, das restliche Leben lang nur noch Filme eines Regisseurs zu schauen, wäre Stephen Frears jemand, über den man nachdenken sollte.

Herzlichen Glückwunsc­h.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Brite Stephen Frears wurde Mitte der 80er-Jahre berühmt.
FOTO: DPA Der Brite Stephen Frears wurde Mitte der 80er-Jahre berühmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany