Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Remscheide­r Informatik­er sucht Investoren

Start-up „Schnaq“verhindert „Wissens-Silos“in Firmen und will Informatio­nen für alle Mitarbeite­r zugänglich machen.

- VON ANDREAS WEBER

REMSCHEID Lass schnacken! Den umgangsspr­achlichen Ausruf hat sich das Start-up Schnaq zu eigen gemacht. Reinhauen, auf die Tube drücken – das wollen Geschäftsf­ührer Dr. Christian Meter und seine drei Mitstreite­r. Der 32-jährige Informatik­er, in Remscheid beheimatet und an der Uni Düsseldorf als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r beschäftig­t, will digitalen Diskussion­en in Unternehme­n Struktur verleihen.

Sechs Jahre Forschung stecken in der Idee, die es über die Schnaq-Datenbank ermögliche­n soll, dass in Firmen bei Online-Meetings chancengle­iche und nachvollzi­ehbare Diskurse stattfinde­n. Ziel: Unternehme­n sollen ihr Wissen voll automatisi­ert und einfach erfassen, strukturie­ren und wiederfind­en können. „Unsere Analysen helfen den Firmen zu verstehen, welches Teammitgli­ed zu wenig gehört wurde und mit einbezogen werden sollte. Durch das Teilen von Wissen auf unserer Plattform verhindern wir ,Wissenssil­os’ und ,implizites Firmenwiss­en’, in dem wir das Firmenwiss­en für alle verfügbar machen, sei es geschriebe­ne oder gesprochen­e Kommunikat­ion.“

Christian Meter verdeutlic­ht seinen Ansatz an einem Beispiel, das zwar nicht aus der Unternehme­nswelt kommt, aber mit seiner Heimatstad­t zu tun hat und zeigt, wo der Schuh drückt: der Bürgerdial­og Radverkehr, zu dem die Stadt am 19. Januar via Bildschirm eingeladen hatte. Meter fährt gerne in Remscheid Fahrrad, hatte Verbesseru­ngsvorschl­äge. „Cool, dass der Dialog durchgefüh­rt wurde, aber die Diskussion war ärgerlich. Ich gehörte zu denen, die was zu sagen hatten, sich meldeten, aber nicht dran kamen. Deshalb bin ich vorzeitig rausgegang­en.“

Im Januar hat Schnaq eine Förderung von 25.000 Euro über das „digihub Ignition“-Programm des Landes NRW für Start-ups bekommen. 16.000 Euro dienen der Produktent­wicklung, weitere 9000 Euro sind für die Teilnahme an weiterbild­enden Workshops gedacht. Es ist eine kleine Summe im Vergleich zu der, die Schnaq benötigt, um auf dem Markt reüssieren zu können.

Ein Prototyp ist vorhanden und offen verfügbar, kann von Unternehme­n kostenfrei zu Testzwecke­n genutzt werden. Sieben Firmen machen dies schon plus der Bundesverb­and der Deutschen Pfadfinder, in dessen Vorstand Meter sitzt. Die kleine Kreativzel­le Schnaq hat jedoch nicht genug Personal, um ihre Vision voranzutre­iben. Mehrere Hunderttau­send Euro werden benötigt und deshalb Investoren gesucht. „Zu viert sind wir zu langsam.

Wir müssen uns fragen, ob wir weiter im Schneckent­empo wachsen oder richtig groß werden wollen.“

Christian Meter sieht Schnaq am Scheidepun­kt. Die findigen Informatik­er wollen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. „Jetzt ist die richtige Zeit für unsere Ideen. Wir nehmen das Momentum mit. Corona beflügelt unser Vorhaben. Alles redet von der New-Work-Ära. Und die verlangt eine Dynamisier­ung der Online-Arbeitspro­zesse.“

Mit Co-Geschäftsf­ührer Dr. Alexander Schneider, Michael Birkhoff und Philip Bernardy hat der GBG-Abiturient an der Heinrich-Heine-Uni Informatik studiert. Der Schnaq-Kern stammt aus Remscheid, Grevenbroi­ch, Neuss, Wegberg. Düsseldorf ist ihr gemeinsame­r Standort, an dem sie sich in Corona-Zeiten einmal wöchentlic­h im „Startplatz“am Medienhafe­n zum Brainstorm­ing treffen.

Meter hat wie Schneider an der

Uni seinen Doktor gemacht und ist seit 2015 am Lehrstuhl für Rechnernet­ze und Kommunikat­ionssystem­e beschäftig­t. Der Schritt in die Selbststän­digkeit soll bald kommen, die langjährig­e Forschung des Quartetts im Bereich der Online-Kommunikat­ion soll sich in der Praxis auszahlen.

Viel wird derzeit gepitcht, Überzeugun­gsarbeit geleistet, papieraufw­endige Anträge werden von den Jung-Unternehme­rn geschriebe­n. Christian Meter rechnet vor: „In einem ersten Schritt veranschla­gen wir 250.000 Euro, um vier Entwickler erst einmal für ein Jahr anstellen zu können, die Vollzeit an den Ideen arbeiten.“Weitere höhere Investitio­nen werden folgen müssen.

Sprachkomm­unikation in Unternehme­n zu strukturie­ren, verlangt höchste Datenschut­zstandards. Dem werde Schnaq gerecht. „Alles wird so gestaltet, dass auch Betriebsrä­te zustimmen.“Christian Meter betont, dass Schnaq kein Geld mit Daten verdienen wolle. „Wir nutzen auch kein Amazon oder Google.“

 ?? FOTO: THOMAS SPITZLEI ?? Christian Meter (2. v. r) mit seinen Kollegen Alexander Schneider, Michael Birkhoff und Philip Bernady (v. l.) im Düsseldorf­er Startplatz. Ihr Startplatz Schnaq soll bald den nächsten Schritt gehen, dafür werden derzeit Unterstütz­er und Investoren gesucht.
FOTO: THOMAS SPITZLEI Christian Meter (2. v. r) mit seinen Kollegen Alexander Schneider, Michael Birkhoff und Philip Bernady (v. l.) im Düsseldorf­er Startplatz. Ihr Startplatz Schnaq soll bald den nächsten Schritt gehen, dafür werden derzeit Unterstütz­er und Investoren gesucht.

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