Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Remscheider Informatiker sucht Investoren
Start-up „Schnaq“verhindert „Wissens-Silos“in Firmen und will Informationen für alle Mitarbeiter zugänglich machen.
REMSCHEID Lass schnacken! Den umgangssprachlichen Ausruf hat sich das Start-up Schnaq zu eigen gemacht. Reinhauen, auf die Tube drücken – das wollen Geschäftsführer Dr. Christian Meter und seine drei Mitstreiter. Der 32-jährige Informatiker, in Remscheid beheimatet und an der Uni Düsseldorf als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt, will digitalen Diskussionen in Unternehmen Struktur verleihen.
Sechs Jahre Forschung stecken in der Idee, die es über die Schnaq-Datenbank ermöglichen soll, dass in Firmen bei Online-Meetings chancengleiche und nachvollziehbare Diskurse stattfinden. Ziel: Unternehmen sollen ihr Wissen voll automatisiert und einfach erfassen, strukturieren und wiederfinden können. „Unsere Analysen helfen den Firmen zu verstehen, welches Teammitglied zu wenig gehört wurde und mit einbezogen werden sollte. Durch das Teilen von Wissen auf unserer Plattform verhindern wir ,Wissenssilos’ und ,implizites Firmenwissen’, in dem wir das Firmenwissen für alle verfügbar machen, sei es geschriebene oder gesprochene Kommunikation.“
Christian Meter verdeutlicht seinen Ansatz an einem Beispiel, das zwar nicht aus der Unternehmenswelt kommt, aber mit seiner Heimatstadt zu tun hat und zeigt, wo der Schuh drückt: der Bürgerdialog Radverkehr, zu dem die Stadt am 19. Januar via Bildschirm eingeladen hatte. Meter fährt gerne in Remscheid Fahrrad, hatte Verbesserungsvorschläge. „Cool, dass der Dialog durchgeführt wurde, aber die Diskussion war ärgerlich. Ich gehörte zu denen, die was zu sagen hatten, sich meldeten, aber nicht dran kamen. Deshalb bin ich vorzeitig rausgegangen.“
Im Januar hat Schnaq eine Förderung von 25.000 Euro über das „digihub Ignition“-Programm des Landes NRW für Start-ups bekommen. 16.000 Euro dienen der Produktentwicklung, weitere 9000 Euro sind für die Teilnahme an weiterbildenden Workshops gedacht. Es ist eine kleine Summe im Vergleich zu der, die Schnaq benötigt, um auf dem Markt reüssieren zu können.
Ein Prototyp ist vorhanden und offen verfügbar, kann von Unternehmen kostenfrei zu Testzwecken genutzt werden. Sieben Firmen machen dies schon plus der Bundesverband der Deutschen Pfadfinder, in dessen Vorstand Meter sitzt. Die kleine Kreativzelle Schnaq hat jedoch nicht genug Personal, um ihre Vision voranzutreiben. Mehrere Hunderttausend Euro werden benötigt und deshalb Investoren gesucht. „Zu viert sind wir zu langsam.
Wir müssen uns fragen, ob wir weiter im Schneckentempo wachsen oder richtig groß werden wollen.“
Christian Meter sieht Schnaq am Scheidepunkt. Die findigen Informatiker wollen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. „Jetzt ist die richtige Zeit für unsere Ideen. Wir nehmen das Momentum mit. Corona beflügelt unser Vorhaben. Alles redet von der New-Work-Ära. Und die verlangt eine Dynamisierung der Online-Arbeitsprozesse.“
Mit Co-Geschäftsführer Dr. Alexander Schneider, Michael Birkhoff und Philip Bernardy hat der GBG-Abiturient an der Heinrich-Heine-Uni Informatik studiert. Der Schnaq-Kern stammt aus Remscheid, Grevenbroich, Neuss, Wegberg. Düsseldorf ist ihr gemeinsamer Standort, an dem sie sich in Corona-Zeiten einmal wöchentlich im „Startplatz“am Medienhafen zum Brainstorming treffen.
Meter hat wie Schneider an der
Uni seinen Doktor gemacht und ist seit 2015 am Lehrstuhl für Rechnernetze und Kommunikationssysteme beschäftigt. Der Schritt in die Selbstständigkeit soll bald kommen, die langjährige Forschung des Quartetts im Bereich der Online-Kommunikation soll sich in der Praxis auszahlen.
Viel wird derzeit gepitcht, Überzeugungsarbeit geleistet, papieraufwendige Anträge werden von den Jung-Unternehmern geschrieben. Christian Meter rechnet vor: „In einem ersten Schritt veranschlagen wir 250.000 Euro, um vier Entwickler erst einmal für ein Jahr anstellen zu können, die Vollzeit an den Ideen arbeiten.“Weitere höhere Investitionen werden folgen müssen.
Sprachkommunikation in Unternehmen zu strukturieren, verlangt höchste Datenschutzstandards. Dem werde Schnaq gerecht. „Alles wird so gestaltet, dass auch Betriebsräte zustimmen.“Christian Meter betont, dass Schnaq kein Geld mit Daten verdienen wolle. „Wir nutzen auch kein Amazon oder Google.“