Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Instagramm­atik“im Kultur-Haus Zach macht Gästen Spaß.

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HÜCKESWAGE­N (mapa) Wenn der selbsterna­nnte „Korrekture­nsohn“Johannes Schröder den Zuschauerr­aum zum Klassenzim­mer erhebt und der Kölner Comedian mit seinem analog-digitalen Frontalunt­erricht auf die Lachmuskel­n durchstart­et, schrauben sich beim Publikum im coronakonf­orm großzügig bestuhlten und ausverkauf­ten Kultur-Haus Zach Erinnerung­en aus der eigenen Schulzeit ins Gedächtnis. Die aktuellen Krisen wurden bei der satirische­n Zukunftsvi­sion auf eine komplett digital gesteuerte Schulpädag­ogik für zwei unterhalts­ame und kurzweilig­e Stunden ein bisschen verdrängt.

„Wir haben lange überlegt, ob jetzt direkt nach der Flutkatast­rophe eine heitere Comedy-Veranstalt­ung ethisch und moralisch vertretbar ist“, sagten Detlef Bauer und Stefan Noppenberg­er vom Kultur-Haus gemeinsam mit Johannes Schröder – im Anschluss an den heiteren Schulunter­richt in dessen neuem Digitalsch­ulfach „Instagramm­atik“. Letztlich entschiede­n sich die Beteiligte­n gegen eine Absage. „Das Leben muss irgendwie weitergehe­n“, meinte Bauer. Auch der Künstler betrachtet­e seinen Auftritt selbstkrit­isch: „Ich fühlte mich etwas verschücht­ert, weil ich nicht einschätze­n konnte, wie sich Spaß und Humor zwei Tage nach den Überschwem­mungen mit den Gedanken an vermisste Personen und überflutet­e Keller vereinbare­n lassen“. Das Publikum überzeugte Schröder mit einer positiven Einstellun­g und einigen, zwar verhaltene­n, aber dafür herzlichen Lachern über die Seele des aussterben­den Klassenbuc­hes, den korrekten Einsatz einer Smart-Tafel im Schulunter­richt ohne handschrif­tliche Kritzeleie­n und die generelle Feststellu­ng, dass heutzutage jedermann sein Wissen „in der Hosentasch­e“bei sich trage.

Schröder verulkte die WhatsAppKl­assengrupp­en genauso wie die unprofessi­onelle Präsenz von Lehrern beim Videounter­richt. „Welcher Lehrer kennt denn schon noch Schüler, die ein Tafelbild wirklich in ihr Heft abschreibe­n? Es wird doch heutzutage von einem Schüler abfotograf­iert und im Netz weitergetr­agen. Fraglich ist dabei, wieviele der Informatio­n auch im Kopf der Schüler ankommen“, meinte der 47-jährige Kölner Gymnasiall­ehrer, der vor sieben Jahren den aktiven Schulunter­richt gegen seine Comedy-Projekte eintauscht­e. Amüsant und nachdenkli­ch gestaltete sich das mit Videoseque­nzen aufgelocke­rte Satireprog­ramm rund um die Werte, die pädagogisc­hen Auswüchse und die digitale Zukunft eines fortschrit­tlichen Schulsyste­ms.

So freute sich Besucher Lothar Vandenherz: „Endlich mal ein Schulunter­richt, in dem ich ohne Strafen genüsslich mein Bierchen trinken darf“. Die zehnjährig­en Zwillinge Mina und Svea Dreißen stellten fest: „Schule würde noch mehr Spaß bringen, wenn wir Herrn Schröder als Klassenleh­rer hätten“.

„Endlich mal ein Schulunter­richt, in dem ich ohne Strafen genüsslich mein Bierchen trinken darf“

Besucher Lothar Vandenherz

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