Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Den Kindern auf Augenhöhe begegnen
Für Robin Köster herrscht Hochsaison: Der Student absolviert den praktischen Teil seines dualen Studiums „Soziale Arbeit“in der evangelischen Jugend der Lutherischen Kirchengemeinde. der 25-Jährige freut sich auf viele Aufgaben.
RADEVORMWALD Manchmal werden Jugendliche wütend. Dann testen sie ihre Grenzen aus, wehren sich gegen Strukturen oder versuchen, mit Hürden ihres Alltags umzugehen. Robin Köster bleibt dann ruhig. „Wir schreien nicht, und wir posen nicht“, sagt der 25-Jährige, „wir begegnen den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe.“Und zuweilen beobachtet der Student in diesen Situationen, wie Jugendliche ihre Überraschung darüber kaum verbergen können. Er nimmt wahr, wie sich ihr Umgang verändert, wie sie sich wahrgenommen fühlen. „Respekt dem anderen und sich selbst gegenüber verändert Beziehungen“, sagt Robin Köster.
Der 25-Jährige erlebt diese Momente in der Jugendarbeit immer wieder – wenn Jugendliche merken, dass sie authentisch sein dürfen. „Wir machen uns hier zusammen zum Affen, wir werden im Wald zusammen dreckig, und wir essen zusammen an einem Tisch“, sagt Köster. Diesen Raum wünscht er sich für Kinder und Jugendliche – egal, welchen Freundeskreis sie im Rücken haben oder welches familiäre Umfeld sie mitbringen.
Seit April arbeitet Robin Köster für die evangelische Jugendarbeit. Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde hat sich als Praxispartner für den dualen Studenten gemeldet. „Es ist schön, dass das möglich geworden ist“, sagt Köster. Schließlich sei er in Rade geboren und als Jugendlicher selber mit auf die Freizeiten gefahren, habe die Ferienaktionen später als Ehrenamtlicher begleitet und sei inzwischen vertraut mit vielen Freiwilligen und Jugendlichen. Bereits im Oktober hat Robin Köster das duale Studium „Soziale Arbeit“aufgenommen – damals noch ohne Praxispartner. Seit April verbringt er 20 Stunden in der Gemeindearbeit und den Rest der Zeit im Unterricht.
„Diese Kombination ist super“, sagt Robin Köster. Endlich würden Praxis und Theorie im richtigen Verhältnis vermittelt. Als Köster damals sein Abitur am THG in der Tasche hatte, träumte er von einer Karriere als Schauspieler. Um die Wartezeit zu überbrücken, bis er an einer Schauspielschule mit der Ausbildung hätten beginnen können, machte er ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Theaterpädagogik in Thüringen. „Ich habe viel mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet und merkte: Das macht mir Spaß“, erzählt er. Also änderte er seine Pläne, ging zum Lehramtsstudium erst nach Wien und dann nach Wuppertal. „Ich wollte Pädagogik und bekam null Pädagogik“, sagt er heute. Das Studium sei ihm viel zu theoretisch gewesen. Nach zweieinhalb Jahren traf er die schwere Entscheidung und brach das Studium ab. Das war im Februar 2020 – keinen Monat vor dem ersten Lockdown. Natürlich habe es die Corona-Pandemie dann nicht gerade erleichtert, sich neu zu orientieren. Aber als er nach sozialen Berufe suchte, ploppte im Internet die Werbung für das duale Studium für Soziale Arbeit auf. „Ich finde schnell einen Zugang zu den Menschen,
und sie finden einen zu mir“, sagt Robin Köster. Das Feld sei breit und der Bereich, für den er sich fürs erste entschieden hat, eher friedlich. Extremfälle wie in der Drogenarbeit oder in Wohngruppen gebe es in der kirchlichen Jugendarbeit deutlich seltener. „Aber wir können als Sozialarbeiter überall dort helfen, wo Menschen sind“, sagt er.
Also unterstützt er Jugendreferentin Julia Müller in der Jugendarbeit, zieht mit knapp 30 Ehrenamtlichen an einem Strang. Er lädt zu Kinder- und Jugendkreisen ein, bereitet große Aktionen vor. Im Moment herrscht Hochsaison: Nach der ersten Freizeit in den vergangenen beiden Wochen, bricht er am Montag zur Kinderfreizeit auf. Und nach seiner Rückkehr? „Wir haben schon ein Konzept in der Schublade, um mehr Events ins Programm zu nehmen“, sagt er. Corona sei dazwischen gekommen. Aber Angebote wie das Kids-Camp, der Kindertag, gemeinsame Aktionen wie Campen oder Kartfahren träfen auf viel Begeisterung. „Da hab ich richtig Bock drauf“, sagt er. Und er wünsche sich, dass die Freizeit-Idee der Sommerferien im Alltag nach öfter nach Rade geholt werde. „Wir können mit kleineren Freizeitangeboten vor der eigenen Tür viel für die Jugendlichen erreichen“, sagt er.
Und welche Rolle spielt dabei der kirchliche Kontext? Christliche Werte wie Respekt und Nächstenliebe seien ihm wichtig, sagt Köster. „Das Schöne an unserer Arbeit ist: Wir bieten den Kindern und Jugendlichen den Glauben als Möglichkeit an“, erklärt er, „wir drängen nichts auf, aber wir begleiten. Und jeder ist willkommen.“