Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gerichtsinsel: Nasse Akten und kein Strom
NRW-Justizminister macht sich vor Ort ein Bild von der Situation. Wichtige Prozesse werden vorerst in Velbert weiterverhandelt.
Einige Tage nach dem Unwetter haben die Gebäude auf der Gerichtsinsel noch keinen Strom, Akten liegen zum Trocknen auf dem Boden und Verhandlungen können nicht stattfinden. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat sich selbst ein Bild von den Schäden gemacht, die durch das Unwetter entstanden sind. „Im Vergleich zum Leid im Land haben wir unsägliches Glück gehabt“, sagt er. Soweit er wisse, seien im ganzen Justizbereich keine Personenschäden zu beklagen. Für den Besuch in Wuppertal hat Biesenbach seinen Urlaub verschoben. „Als ich am Freitag gesagt habe, ich würde gern nach Wuppertal fahren, wurde die Situation etwas dramatischer geschildert.“
„Gemessen daran, welcher Schaden gedroht hat, ist der eingetretene nicht signifikant“, sagt auch Matthias Roth, Sprecher des Landgerichts. „Es hätte noch viel schlimmer kommen können.“Im Licht von Taschenlampen und Kameras regionaler und überregionaler Medien lief der Minister durch die dunklen Gänge des Gerichtsgebäudes und hinab in das erste Untergeschoss. Er stieg über Sandsäcke, die auf einer Türschwelle liegen, und ging an einem Loch im Boden vorbei. Dort verlaufen Stromkabel, deren Ummantelung feucht geworden ist.
Die Stadtwerke werden den Strom erst wieder anstellen, wenn klar ist, dass die Leitungen trocken sind. Doch der Bedarf an Trocknungsgeräten und Notstromaggregaten in der Region ist aktuell sehr hoch, sie sind schwierig zu beschaffen. „Wir hoffen, dass wir im Laufe der Woche wieder ans Netz gehen“, sagt Roth.
Ohne Strom ist der Gerichtsbetrieb nicht möglich: Am Eingang sind elektrische Schiebetüren und Sicherheitskontrollen, die Computer
und der Zugriff auf Prozessdaten funktionieren nicht, das Gericht ist telefonisch und per E-Mail nicht erreichbar. „Das tägliche Arbeiten hängt vom Strom ab“, sagt Roth.
Dennoch: „Die Justiz ist funktionsfähig. Wir werden unsere Aufgabe erfüllen“, sagt Minister Peter Biesenbach. Drei wichtige Sitzungen in Verhandlungen am Landgericht finden nun ersatzweise in den Räumen des Amtsgerichts in Velbert statt, andere Termine werden verschoben.
Im ersten Untergeschoss des Wuppertaler Justizzentrums ermöglicht eine geöffnete Tür den Blick in einen Serverraum. Eine Treppenstufe und Sandsäcke haben dort Schlimmeres verhindert: Das Wasser stand nicht zu hoch, der Raum wurde nicht überflutet, doch augenscheinlich haben einige Platinen etwas Wasser abbekommen. Der Großteil der Daten wird zentral gespeichert, kleinere Mengen lokal gespeicherter Daten könnten jedoch vom Wasserschaden betroffen sein.
Die Gerichtsinsel ist von Wasser umgeben – auf der einen Seite die
Wupper, auf der anderen ein Flussarm. Als beim Unwetter der Pegel stieg und innerhalb von zwei Tagen mehr Regen fiel als sonst im ganzen Monat, floss das Wasser in den Keller. Im ersten Untergeschoss sind neben den Stromleitungen und dem Serverraum einige Akten betroffen, die Wände sind feucht. Das zweite Untergeschoss, in dem die Tiefgarage liegt, ist vollkommen vollgelaufen.
Das Wasser wurde bis Samstagmorgen abgepumpt – bis zu 8000 Liter pro Minute. Insgesamt dauerte der Einsatz der Feuerwehr mehrere Stunden. Das verdeutlicht die Wassermassen, die im Keller des Gerichtsgebäudes standen.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben einige Mitarbeiter noch nach Mitternacht versucht, den Schaden mithilfe von Sandsäcken einzugrenzen.
Die Archive konnten weitgehend geschützt werden. Doch einige Nachlassakten, die in Papierform in den Kellerregalen gelagert waren, sind nass geworden.