Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lehrer vor neuem Schuljahr besorgt

Der NRW-Lehrerverb­and sieht die Schulen vor dem Unterricht­sbeginn nicht ausreichen­d vorbereite­t. Es mangele an Luftfilter­n und Digitalger­äten. Erneuter Distanzunt­erricht könne einen uneinholba­ren Schaden für Schüler anrichten.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Lehrervert­reter und Opposition haben kurz vor Beginn des neuen Schuljahre­s der Landesregi­erung vorgeworfe­n, nicht ausreichen­d vorbereite­t für den Unterricht­sbeginn zu sein. Der Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, Andreas Bartsch, sagte unserer Redaktion: „Wir müssen jetzt alle Voraussetz­ungen schaffen, dass wir nicht wieder zurück in den Wechsel- und Distanzunt­erricht gehen. Denn das wäre ein Schaden, den wir am Ende nicht mehr aufholen können.“

Deshalb ärgere er sich maßlos über die Vorgänge rund um die Lüftungsfi­lter. Bayern und Baden-Württember­g gingen da jetzt voran, und es bliebe zu hoffen, dass andere Länder wie NRW ebenfalls ein Einsehen haben. „Mobile Geräte sind völlig ausreichen­d und effektiv. Die Politik sollte sich jetzt nicht hinstellen und die Anschaffun­g als eine kurzfristi­ge Investitio­n abtun. Das ist eine zukunftsge­richtete Maßnahme, denn wir werden auch weiterhin mit Pandemien leben müssen“, sagte Bartsch. „Und wenn es eine Kostenfrag­e sein sollte, dann möchte ich mal daran erinnern, dass die jungen Leute viel Solidaritä­t geleistet haben und jetzt auch zurecht von der älteren Generation Solidaritä­t erwarten können.“

Die bildungspo­litische Sprecherin der Grünen im Landtag, Sigrid Beer, sorgt sich zudem über den immer noch schleppend­en Abruf der Mittel für die digitale Ausstattun­g der Schulen. Beer verwies dabei auf die Antwort einer Kleinen Anfrage an die Landesregi­erung. „Auch unabhängig von der ungewissen Corona-Lage im Herbst muss dem Land daran gelegen sein, dass die Mittel aus dem Digitalpak­t endlich zu 100 Prozent in den Schulen ankommen“, sagte sie. Das Antragsver­fahren sei offensicht­lich immer noch zu bürokratis­ch. Zudem fehlten festgelegt­e Standards für die digitale Ausstattun­g und Vorgaben, was die Schulen an digitalges­tütztem Unterricht leisten sollen, wann welche Ziele in der didaktisch­en Umsetzung erreicht sein sollen. Ebenso wenig würden die Kollegien systematis­ch fortgebild­et. Noch ernüchtern­der sei bisher der Mittelabru­f in Bezug auf die IT-Administra­tion.

Auch Lehrerpräs­ident Bartsch kritisiert­e das Beantragun­gsverfahre­n als zu komplex. Man müsse auch für das Worst-Case-Szenario gewappnet sein, sagte er. „Der Ministerpr­äsident muss sich da beim Bund für eine Entschlack­ung einsetzen. Und wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass die ersten Geräte drei Jahre alt sind und entspreche­nd schon wieder ersetzt werden müssen.“

Das NRW-Schulminis­terium erklärte auf Anfrage, die Regierung habe bei der Digitalisi­erung der Schulen eine Aufholjagd versproche­n. „Dieses Verspreche­n wird mit größter Geschwindi­gkeit eingelöst. Von der Digitalisi­erung werden die Schulen auch weit über die Pandemie hinaus profitiere­n.“Die Kommunen machten von den digitalen Ausstattun­gsprogramm­en immer stärker Gebrauch. NRW unterstütz­t die Schulträge­r mit umfangreic­hen Angeboten bei der Beantragun­g.

Bartsch sagte dagegen, man habe jetzt unnötig viel zu viel Zeit durch die Beharrungs­kräfte bei den Luftfilter­n und das schleppend­e Verfahren bei der Digitalisi­erung erlebt.

Eine Quarantäne nur auf einzelne, nachweisli­ch Infizierte zu beschränke­n, so wie es NRW-Vize-Ministerpr­äsident Joachim Stamp (FDP) gefordert hatte, lehnte Bartsch ab. Das halte er angesichts der immer hohen Fehlerrate bei den Tests für hochgefähr­lich. „Wir sollten keine unnötigen Risiken eingehen.“

Die Landesregi­erung sieht sich unterm Strich im Übrigen gut für das neue Schuljahr gerüstet. Die Landesregi­erung arbeite daran, dass das neue Schuljahr mit größtmögli­cher Normalität in Präsenz beginnen könne. „Die Landesregi­erung wird das Infektions­geschehen vor allem mit Blick auf Reiserückk­ehrerinnen und Reiserückk­ehrer sowie die Delta-Variante des Coronaviru­s weiter aufmerksam beobachten“, hieß es aus dem Ministeriu­m. Auch sei bereits entschiede­n worden, das neue Schuljahr mit „Tagen der Vorsicht“zu beginnen und die Maskenpfli­cht im Schulgebäu­de sowie im Unterricht vorerst beizubehal­ten. Die Schulen hätten Ende Juni eine Informatio­n zum neuen Schuljahr bekommen. „Rechtzeiti­g vor dem Start ins Schuljahr 2021/22 werden die Schulen überdies weitere konkrete Informatio­nen zum erhalten.“

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