Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Impfen vor der Disco
Um die Quote zu steigern, werden kreative Anreize diskutiert. Bald soll es zudem die Drittimpfung geben.
BERLIN Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt kontinuierlich an. Zugleich ist Deutschland weit entfernt von der notwendigen Impfquote, um die Delta-Virusvariante zu beherrschen. Politiker verschiedener Parteien werben daher intensiv für die Impfung gegen Covid-19. „Damit geht man das deutlich geringere Risiko ein als mit einer Corona-Infektion und Schäden aus Long-Covid“, sagte Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union (JU), unserer Redaktion. Er nahm jüngere Generationen in den Blick. Diese müsse man überzeugen, und mit mobilen Impfteams oder Impfbussen „genau dorthin gehen, wo die jungen Menschen sind“, betonte Kuban. Der CDU-Politiker
schlug vor, Impfungen vor Bars, Clubs, Stadien oder am Rande von Volksfesten anzubieten.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich plädierte dafür, „mit viel Kreativität alle erdenklichen Möglichkeiten und vor allem Räume zu schaffen, damit noch mehr Menschen sich unkompliziert impfen lassen können“. Wer sich impfen lasse, schaffe sich die Gewissheit, sich selbst und andere zu schützen. Zudem falle damit das Testen weg. Mützenich verwies auch darauf, dass private Anbieter im Rahmen ihres Hausrechts Geimpften „Vorzüge einräumen“können.
Mit einem kreativen Impfanreiz sorgte die Impfstelle im südthüringischen Sonneberg für Aufsehen: Dort wurde eine Bratwurst zur Belohnung ausgegeben, was am Freitag einen regelrechten Ansturm auf die örtlichen Impftermine ausgelöst hatte.
Unterdessen wurde bekannt, dass Bund und Länder offenbar in einem Monat mit den Auffrischungsimpfungen beginnen wollen. Das geht aus einem Beschlussentwurf für die Gesundheitsministerkonferenz an diesem Montag hervor, über den zuerst die „Bild am Sonntag“berichtete. Demnach sollen ab September vor allem Hochbetagte, Pflegebedürftige und Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein drittes Mal geimpft werden. Zudem soll am Montag beschlossen werden, allen Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren eine Impfung anzubieten.
JU-Chef Kuban nannte es „falsch“, die rechtliche Gleichstellung von Geimpften, Getesteten und Genesenen aufzugeben. Viele jüngere Menschen seien noch nicht zweitgeimpft und für die Unter-16-Jährigen stehe kein Impfstoff zur Verfügung. „Es darf nicht sein, dass die Eltern ins Restaurant, Stadion oder Kino gehen, während Kinder zu Hause bleiben müssen“, so Kuban. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte Anreize statt einer „Impfpflicht durch die Hintertür“. „Geimpfte, Genesene und Getestete, von denen keine Infektionsgefahr ausgeht, müssen ihre Freiheitsrechte auch ausüben können.“Von der Bundesregierung forderte Theurer mehr Klarheit zu Fragen der Impfpflicht und kostenloser Tests. Die Menschen hätten ein Recht darauf, die Position der Bundesregierung und der Kanzlerin zu erfahren.