Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Abschiebun­gsstopp für afghanisch­e Flüchtling­e

- VON MARTIN KESSLER

Der knapp 20-jährige Afghanista­n-Krieg gehört nicht zu den ruhmreiche­n Kapiteln der westlichen Geschichte. Die Interventi­on nach den verheerend­en Anschlägen des 11. Septembers durch die vom damaligen Taliban-Regime unterstütz­ten islamistis­chen Terroriste­n mag selbst im Nachhinein unabdingba­r gewesen sein. Wie sich aber die Amerikaner – und mit ihnen auch ihre deutschen Verbündete­n – aus dem Land schleichen, ist erbärmlich und verantwort­ungslos. Jetzt ist das stolze Afghanista­n wieder den Mörderband­en der radikal-islamische­n Taliban überlassen, die es schon einmal knechteten und zivilisato­risch zurückstie­ßen. Die wenigen vorhandene­n Erfolge werden wohl bald wieder zunichte sein. Immerhin haben dafür Tausende von Menschen ihr Leben gelassen, darunter auch 35 Bundeswehr­soldaten.

Trotzdem müssen wir den Blick nach vorne richten. Und das heißt, auch einen Teil der Verantwort­ung für das Desaster übernehmen. Der Grünen-Chef Robert Habeck hat recht, wenn er einen Stopp der Abschiebun­gen nach Afghanista­n fordert. Denn die Taliban sind auf dem Vormarsch und kennen keine Gnade gegenüber Menschen, die in den Westen entflohen sind. Und die Sicherheit­szonen werden täglich geringer.

Unser Land muss erst recht denen gegenüber großzügig sein, die den Deutschen bei diesem Einsatz geholfen haben. In den Augen der Islamisten sind sie Kollaborat­eure und Verräter. Für uns sind sie die Hoffnung auf ein besseres und stabileres Afghanista­n. Sie den Taliban auszuliefe­rn, käme einem Bruch mit unseren Werten gleich. Selbst auf die Gefahr hin, dass auch einige Unberechti­gte die Chance nützen, muss Deutschlan­d den bisherigen Unterstütz­ern des Einsatzes helfen. Das sind wir auch den Gefallenen in diesen 20 Jahren schuldig.

BERICHT STREIT UM ABSCHIEBUN­GEN, POLITIK

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