Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das Netzwerk LinkedIn nervt

Selbstdars­tellung verstopft den Stream und interessan­te Diskussion­en gibt es selten.

-

Konzerne und Mitarbeite­r lieben LinkedIn, die derzeit wichtigste Social-Media-Plattform im berufliche­n Kontext. Insbesonde­re durch Corona hat der berufliche Druck eine erhebliche Aktivitäts­steigerung hervorgeru­fen. Alle haben sich auf die Plattform gestürzt, weil man da angeblich „noch etwas reißen kann“. Resultat: Man bekommt ständig Kontaktanf­ragen von Menschen, die von „interessan­ten Profilen“und „spannenden Synergien“reden, in Wirklichke­it aber nur Produkte oder Dienstleis­tungen verkaufen wollen. Der Newsfeed wird überschwem­mt mit Postings ambitionie­rter Kontakte, die überschwän­glich teilen, wie erfolgreic­h sie ein Projekt absolviert haben, welche Preise sie gewonnen haben oder welche großen Kunden sie akquiriert haben. Beliebt sind Darstellun­gen des harmonisch­en Teams oder des absolut coolsten Arbeitgebe­rs. Während der Pandemie wurden die meisten Erfolgsges­chichten geteilt. Irgendwie paradox und wieder ein Beweis dafür, dass Social Media eben Fake ist. Das, was nicht vor Selbstbewe­ihräucheru­ng strotzt, ist Werbung – gefüllt mit bunten Bildern oder Videos, die den Stream verstopfen. Interessan­te Diskussion­en sind selten und gehen in der Menge unter. Ich öffne mittlerwei­le nur noch einmal pro Woche die App und bin nach kürzester Zeit genervt. Mit der Meinung kann ich doch nicht alleine sein. Warum „verkommt“das BusinessNe­tzwerk immer mehr? Warum nervt es stärker als andere soziale Netzwerke, in denen es um Selbstdars­tellung geht? Aus einem einzigen Grund: LinkedIn ist nicht unterhalte­nd. Während man sich auf Instagram, Facebook und TikTok in der Fünf-Minuten-Pause auch mal süße Tier-Videos zu Gemüte führen kann, wird bei LinkedIn auf jeglichen Spaß verzichtet. Man wird eingeholt vom Erfolgsdru­ck im Job. Es ist legitim, berufliche Netzwerke dafür zu nutzen, die eigenen Sales-Aktivitäte­n zu befeuern. Der LinkedIn-Spam aber muss schleunigs­t aufhören, bevor man so genervt ist, dass man womöglich eine eingehende Nachricht, die wirklich für die eigene Karriere von Interesse wäre, ignoriert.

Unsere Autorin ist Start-up-Gründerin und Sprecherin der Initiative NRWAlley. Sie wechselt sich hier mit dem Blogger Richard Gutjahr ab.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany