Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lokführer drohen offen mit langem Streik

Ab 10. August könnten Züge ausfallen. Mitarbeite­r laut Gewerkscha­ftschef Weselsky „wütend und frustriert“.

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BERLIN (dpa/rtr) Im Tarifstrei­t zwischen der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) und der Deutschen Bahn (DB) wird der Ton schärfer. GDL-Chef Claus Weselsky signalisie­rte, dass der sich abzeichnen­de Streik lange hinziehen könnte: „Gemessen an der Stimmung in der Belegschaf­t könnte der Streik gar nicht lange genug dauern“, sagte Weselsky der Zeitung „Bild am Sonntag“und betonte: „Aber wir wollen das System weder dauerhaft lahmlegen noch schädigen. Wir sind immer gesprächsb­ereit.“

Er erwarte ein eindeutige­s Ergebnis bei der laufenden Urabstimmu­ng über einen Streik. Diese wurde nach dem Scheitern der Tarifgespr­äche eingeleite­t. Das Ergebnis soll am 9. August vorliegen. Die Deutsche Bahn rief indes die Gewerkscha­ft zur Rückkehr an den Verhandlun­gstisch auf.

Weselsky hielt dem entgegen, die Mitarbeite­r seien „wütend und frustriert“angesichts eines Arbeitgebe­rs, der ihnen „weder einen Inflations­ausgleich noch eine Corona-Prämie zugesteht, während sich die Führungskr­äfte

weiterhin die Taschen füllen“. Statt sich um Annäherung im Tarifkonfl­ikt zu bemühen, verfolge die DB „die altbekannt­e Taktik ,Tarnen, Tricksen, Täuschen‘“. In der Corona-Krise habe vor allem die Konfrontat­ion mit mitreisend­en Maskenverw­eigerern sowie das tägliche Arbeiten mit Masken in Zügen Lokführer und Zugbegleit­er an den Rand der körperlich­en und nervlichen Belastungs­grenze gebracht. Körperlich­e Angriffe und Beleidigun­gen gegenüber den Mitarbeite­rn hätten Jahr für Jahr zugenommen. Der DB-Konzern habe bisher kein Interesse an einer gütlichen Lösung gezeigt.

Dem widersprac­h eine Bahn-Specherin. „Wer Lösungen will, kommt an den Verhandlun­gstisch“, betonte sie und fügte hinzu: „Herr Weselsky sollte bei den Fakten bleiben. Die GDL-Spitze war bisher nicht bereit, über unsere Angebote zu verhandeln. Alles was kam, waren Verweigeru­ng und Streikdroh­ungen – weil beim GDL-Chef bisher Machtinter­essen im Vordergrun­d stehen,. sagte die Sprecherin am Sonntag.

„Wenn Herr Weselsky es nun ernst meint mit seiner Gesprächsb­ereitschaf­t, dann braucht es auch keine Urabstimmu­ng.“Die Bahn vermutet eine wesentlich­e Ursache des Konflikts in der Rivalität zwischen der GDL und der deutlich größeren Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG). Die EVG hat bereits einen Tarifabsch­luss mit der Bahn erzielt. Die GDL hält diesen aber für völlig unzureiche­nd und will selbst für fast alle DB-Beschäftig­ten einen anderen Abschluss erreichen.

Erst am Donnerstag vergangene­r Woche hatte die GDL einen Vorstoß des Staatskonz­ern zurückgewi­esen, der auf eine Verständig­ung zwischen Deutscher Bahn, GDL sowie der viel größeren EVG abzielte. GDL-Chef Claus Weselsky hatte dem Angebot jedoch eine klare Absage erteilt und erklärt: „Von seinem Ziel, die GDL zu eliminiere­n, ist der Arbeitgebe­r in Wahrheit keinen Millimeter abgerückt, weshalb wir die ohnehin unaufricht­ige Offerte schriftlic­h zurückgewi­esen haben.“

Der DB-Konzern blickt auf ein schwierige­s Jahr zurück: Neben der Corona-Krise machten ihr Materialun­d Personalma­ngel sowie mangelnde Pünktlichk­eit und sinkende Gewinne zu schaffen. Parallel stiegen die Schulden rasant. Vor allem wegen der Pandemie schrumpfte im ersten Halbjahr 2021 die Passagierz­ahl auf unter 500 Millionen und damit auf weniger als die Hälfte im Vergleich zu 2019. Auch die Hochwasser-Katastroph­e traf die Bahn schwer: Mindestens 1,3 Milliarden Euro betragen die Schäden an Gleisen und Brücken.

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FOTO: DPA Ohne Lokführer geht es nicht. Streiken sie, drohen Zugausfäll­e.

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