Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
„Wandern ist kein Hochleistungssport“
Wastl Roth-Seefrid ist Wanderwegemanager beim Zweckverband Naturpark Bergisches Land. Er hat auch die Flutschäden im Blick.
Herr Roth-Seefrid, welche Aufgaben hat der Wanderwegemanager? Wastl Roth-Seefrid Der Wegemanager koordiniert die Zusammenarbeit aller Beteiligten an den Wanderwegen des Bergischen Wanderlandes, um die Qualität der Wanderwege aufrechtzuerhalten. Hier sind 64 ehrenamtliche Wegepaten, 43 Städte und Gemeinden, fünf Landkreise, Landesbetrieb Straßen NRW, Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Wasserverbände, eine Vielzahl von Eigentümern und andere mehr im Einsatz.
Seit wann gibt es diese Stelle bei „Das Bergische“?
Roth-Seefrid Die Stelle war bis 2016 bei der Naturarena Bergisches Land mit der Marke „Das Bergische“angesiedelt. Seit 2016 ist sie nun beim Naturpark Bergisches Land integriert, weil es hier eine größere Schnittmenge mit anderen Aufgaben und Projekten des Naturparks gibt. Wie gerade ganz aktuell die jährlichen Maßnahmen aus dem Projekt Instandsetzung und Unterhaltung. Hier können wir gerade sehr schnell und gezielt die Instandsetzung mit bis zu 70 Prozent fördern.
Wie sind Sie selbst zum Wandern gekommen?
Roth-Seefrid Ich wandere selber gerne und habe quasi mein Hobby zum Beruf gemacht. Bis vor der Pandemie habe ich etwa einmal im Jahr eine mehrtägige Hüttenwanderung mit Freunden in den Alpen gemacht.
Was ist für Sie das Besondere am Wandern?
Roth-Seefrid Wandern ist kein Hochleistungssport und man erlebt die Natur. Man kommt aus dem Alltagsstress heraus – und es kostet auch nicht viel.
Gehen Sie lieber alleine oder in der Gruppe auf Tour?
Roth-Seefrid Ich geh lieber in einer Gruppe, weil der Austausch untereinander während der Wanderung oder der Pausen einfach schön und sehr interessant ist.
Warum ist Wandern etwas für die ganze Familie?
Roth-Seefrid Jeder kann wandern. Mal länger mal kürzer. Für Familien sind dabei sicherlich der entschleunigte Austausch und das gemeinsame Erleben von Natur und Zusammensein sehr wichtig.
Wie groß ist das Wanderwegenetz im Bergischen Wanderland? Roth-Seefrid Das Bergische Wanderland umfasst um die 1000 Kilometer Wanderwege. Ganz grob gesagt reicht es von Essen bis Königswinter und von der A3 bis zur A45.
Wo kann man sich am besten über das Wanderwegenetz informieren? Roth-Seefrid Am besten auf unserer Internetseite von Bergisches Wanderland.
Hier sind die Wanderwege mit allen erforderlichen Informationen beschrieben, und es gibt auch GPX-Dateien zum Download. Außerdem gibt es die App vom Bergischen Wanderland, wo man sich auch orten kann, und die ein ganz wichtiges Instrument für uns ist. Das ist der sogenannte Wegedetektiv. Über den Wegedetektiv erreicht uns die Meldung mit Bild und Koordinate in Sekunden. Somit können wir im Notfall schnell reagieren. Da es eine sogenannte Progressive Web App (PWA) ist, muss sie im Browser des Smartphones unter der Adresse www.bergisches-wanderland-app. de aufgerufen werden.
Blicken Sie auch über das eigene Gebiet hinaus – wo kann man noch schön wandern?
Roth-Seefrid Sowohl privat als auch beruflich blicke ich natürlich über das Bergische Wanderland hinaus. Privat bin ich dann mit Freunden auch schon mal im Westerwald oder in Franken unterwegs. Beruflich bin ich neuerdings Mitglied im Königswinterer Kreis, der mit Wanderexperten aus der gesamten Bundesrepublik besetzt ist. Auch das ist ein kleiner Erfolg des Bergischen Wanderlands. Mein Expertenwissen besteht in dieser Runde als das des „Praktikers auf dem Weg“. Das Bergische Wanderland hat jedoch auch Parallelverläufe mit den umliegenden Kollegen aus dem Sauerland, dem Rheintal, dem Niederbergischen und dem Siegtal. Deshalb sind wir auch hier ständig im Austausch,
arbeiten partnerschaftlich sehr gut zusammen und bringen auch gemeinsame Projekte auf den Weg. Warum soll man aus den Erfahrungen anderer Regionen und Produkten nicht lernen – oder anderen Regionen nicht über unsere eigenen Erfahrungen berichten? Hier müssen wir in den Mittelgebirgen eng zusammenarbeiten und uns austauschen. Die Alpenregionen machen es uns vor.
Haben Sie einen Lieblingswanderweg?
Roth-Seefrid Im Bergischen Wanderland – nein. Es kommt immer auf meine Tagesstimmung an. Mal lang, mal nicht so lang. Jeder dieser Wege hat seinen eigenen Charakter. Ob vom Bodenbelag, der Länge oder der Kultur- und Naturerlebnisse.
Sie wandern viel in der Natur – was liegt Ihnen da am meisten: Wald, Wiesen oder Felder?
Roth-Seefrid Waldränder mit Fernblicken finde ich am schönsten. Den Moment, in dem man aus dem Wald kommt und einen schönen Fernblick hat, genieße ich am meisten. Gerade das macht unsere Region mit den vielen Tälern und somit wechselnden Blicken aus. Die Natur hat es derzeit nicht leicht.
Wie sehr hat das Wanderwegenetz durch die jüngsten Unwetter gelitten?
Roth-Seefrid Hier sondieren wir gerade die Lage. Der Süden des Bergischen Wanderlandes ab der Agger oder A4 ist nicht betroffen. Von dort in Richtung Norden sieht es schon anders aus. Uns sind bisher sieben beschädigte oder weggespülte Brücken bekannt. Das wird sicherlich auch noch mehr. Auch Wegeunterspülungen und kleine Hangrutsche haben wir in den Meldungen. Ich war in der letzten Juliwoche in unseren stärker betroffenen Gebieten an der Wupper unterwegs, um die Lage zu erkunden. Gleichzeitig werden auch schon erste Instandsetzungen mit den Kollegen der Städte und Gemeinden geplant und beauftragt. Der Bergische Panoramasteig und der Bergische Weg stehen im kommenden Jahr zur Nachzertifizierung an. Da müssen wir die Wege durchgängig begehbar haben.
Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Bergische Natur – und damit auch auf die Wanderwege?
Roth-Seefrid Mein erster verheerender Sturm im Bergischen Wanderland war am 9. Juni 2014. Der Sturm Ela hat uns damals wirklich sehr stark getroffen. Derzeit ist es aufgrund der abgestorbenen Fichtenbestände und den damit verbundenen Abholzungen etwas schwierig. Teilweise sind die alten Wegeverläufe gar nicht mehr zu erkennen. Hier versuchen wir uns mit den Waldeigentümern auf einen Wegeverlauf zu einigen und den dann entsprechend zu markieren. In der Regel müssen wir hierfür neue Markierungspfosten setzen. Es gibt aber auch ganz tolle Forstbetriebe und Waldeigentümer aus der Region, die uns die Stämme in zwei Metern Höhe abschneiden, damit wir die Wanderwege markieren können. Grundsätzlich rechne ich künftig mit vermehrten Unwetterereignissen. Sturmlagen sind für uns besonders unangenehm, weil dann viele Bäume auf den Wanderwegen liegen. Die aktuelle Hochwassersituation hat uns aber auch gezeigt, dass man sich auch hier was überlegen muss. Hier werden wir uns mit den Wasserverbänden und auch dem Forstbetrieb beraten. Es müssen unter- oder ausgespülte Wanderwege repariert und die Beschädi
gungen der Fußgängerbrücken behoben werden. Das wird sicherlich auch ein Thema in der Hochwasserschutzdiskussion.
Muss man künftig umdenken, was die Planung von Wanderwegen angeht?
Roth-Seefrid Nein, bei der Planung werden schon jetzt sehr viele Kriterien und Richtlinien, wie auch Interessen aller Naturnutzer oder Eigentümer berücksichtigt.
WOLFGANG WEITZDÖRFER FÜHRTE DAS INTERVIEW