Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Maas in doppelter Mission

- VON DOROTHEE KRINGS

Nun hat also die Zeit danach begonnen. Die US-Streitkräf­te sind fort aus Afghanista­n, die Taliban haben ihre Freudenfei­er inszeniert, und der deutsche Außenminis­ter – umkreist den Krisenherd. Seine Reise in die Nachbarlän­der Afghanista­ns und nach Katar dient zwei Zielen: Heiko Maas will Möglichkei­ten schaffen, die in Afghanista­n zurückgebl­iebenen Ortskräfte doch noch aus dem Land zu bringen. Das bedeutet die letzte Rettung für diese Menschen – das Mindeste, was der Westen noch für sie tun kann. Für Afghanista­n ist es die finale Abwanderun­g aller Hoffnung auf eine moderne Zukunft.

Die Diplomatie soll allerdings auch den Eindruck des totalen Desasters in Afghanista­n verwischen. Von einem bruchlosen Übergang in Phase zwei ist darum jetzt die Rede. Das soll nach Prozess klingen, denn in einem Prozess gibt es keine Verlierer – und in diese Rolle war Maas zunehmend gedrängt worden. Die blitzartig­e Machtübern­ahme der Taliban hat die Welt überrascht, doch Maas hatte seine Ahnungslos­igkeit noch kurz zuvor öffentlich geäußert. Und so wurde er zum personifiz­ierten Versagen beim Afghanista­nrückzug. Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ist bereits geschickt aus dieser Rolle geflüchtet, indem sie beherzt ankündigte, wenn nötig, ihren Kopf hinzuhalte­n. Dann reiste sie noch den deutschen Truppen beim Abzug entgegen und umarmte den Brigadegen­eral der Bundeswehr. Nach der Rolle, die das Innenminis­terium bei der verspätete­n Evakuierun­g spielte, wird kaum noch gefragt.

Maas dagegen muss die Afghanista­n-Geschichte fortschrei­ben, um sie loszuwerde­n. Er muss nach der unzureiche­nden Luftbrücke wenigstens eine Busbrücke auf den Weg bringen, während die Nachbarlän­der fürchten, dass dieser Spur viel mehr Flüchtling­e folgen könnten. Seine Mission dürfte also teuer werden.

BERICHT „WIR MÜSSEN MIT DEN TALIBAN REDEN“, POLITIK

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