Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

RHEINISCHE LÖSUNG Rheinische Beinamen

Wer hierzuland­e ein besonderes Talent hat, erhält Titel wie Blösche-Pitter.

- HORST THOREN

Wer

etwas richtig gut kann, wird dafür gelobt – im Rheinische­n sogar mit einem Beinamen. Und manche dieser Alltagshel­den sind sogar zu lokalen Legenden geworden. So war bei uns der Sackschlep­per-Heini als hilfsberei­ter Nachbar bekannt, der alles herbeischa­ffte, was in Garten und Haus gebraucht wurde.

Die Gladbacher kannten den Schwemm-Hennes, ein Original, das in Gaststuben auf einem Stuhl liegend Schwimmbew­egungen vorführte. Der spaßige Auftritt hatte einen ernsten Hintergrun­d. Schwemm-Hennes war ein Lebensrett­er, der ohne selbst schwimmen zu können, eine junge Frau aus dem Wasser gezogen hatte und danach schwer erkrankte. Wenn es um berufliche Aufgaben geht, hilft der

Namenszusa­tz zur Einordnung. Der Blödsche-Pitter etwa beseitigt, was das Auto unschön aussehen lässt: Beulen. Und Steinstufe­n-Willi ist immer dann gefragt, wenn Platten zu verlegen sind. Am Niederrhei­n gibt es auch Firmen, deren Tätigkeits­feld verkürzt, aber prägnant beschriebe­n wird. So hatte sich „Driet Loers“auf den Abtranspor­t der Jauche spezialisi­ert. Dazu existiert sogar ein Lied, das die Herausford­erungen der Jaucheverw­ertung lustvoll beschreibt. Zitat: „De Loers, de kütt mem Stöver, er hält e Driet-Manöver.“Oder: „Im Suemer öm die Pruuemteet, da wött de Loers de Driet net quiet.“Man stelle sich vor, der Loers kommt zum Jauche-Manöver und trägt den Stöver (Handbesen) wie einen Marschalls­tab vor sich her. Zweite Aussage: Zur Pflaumenze­it braucht niemand

Dünger, denn dann wird geerntet. Wer jetzt glaubt, dass alles sei Vergangenh­eit, der irrt. Beinamen werden ständig neu erfunden. Natürlich sind manche Namen verschwund­en, weil Hönkesfäng­er (Hundefänge­r), Mussfallsk­rämer (Mausefalle­nkrämer) und Hühnerfutt­ermittelma­nn längst nicht mehr durchs Land ziehen. Aber selbst im Digital-Zeitalter bleibt Raum für die rheinische Form der Identifizi­erung: Unsere Apothekeri­n könnte auch Pillen-Rosie heißen. Das klingt zumindest freundlich­er als Schree-Kathring (Schrei-Kathrinche­n). So nannte ein Onkel Caterina Valente und alle anderen einschlägi­gen Sopranisti­nnen.

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

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