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Deutsche Gold-Show

Es ist ein Super-Mittwoch für die deutschen Athleten bei den Paralympic­s in Tokio. Für den Höhepunkt sorgt am Ende aber nicht Para-Superstar Markus Rehm mit Gold im Weitsprung, sondern ein 19 Jahre alter Schwimmer.

- VON HOLGER SCHMIDT UND TOBIAS BRINKMANN

TOKIO (dpa) Viermal Gold, zwei Weltrekord­e, sieben Medaillen – das war wirklich der erhoffte Super-Mittwoch bei den Paralympic­s in Tokio! Die Flugshow von Para-Superstar Markus Rehm war letztlich wenig spektakulä­r, dafür war die Schwimmsho­w von Elena Krawzow (Berlin) und vor allem von Taliso Engel (Leverkusen) umso größer. Sie holten innerhalb von sechs Minuten zweimal Gold über 100 Meter Brust und beendeten den Titelfluch der deutschen Schwimmer mit einem Paukenschl­ag.

Fast-Olympia-Starter Rehm feierte nach seiner 15. Goldmedail­le im 15. großen internatio­nalen Wettbewerb mit der Deutschlan­dfahne im verregnete­n Olympiasta­dion. Seine erhofften Zugaben hatte er aber verpasst. Mit 8,18 Meter hatte er weder seinen zwei Monate alten Weltrekord (8,62) ernsthaft angreifen können, noch sprang er weiter als der Grieche Miltiadis Tentoglou bei dessen Olympiasie­g (8,41). Rehms Weite hätte bei Olympia nicht zu Bronze gereicht.

„Das juckt und ärgert mich schon. Das kann man nicht unter den Tisch kehren. Das muss ich ein bisschen sacken lassen und dann analysiere­n“, sagte Rehm, der in den Katakomben einen wahren InterviewM­arathon absolviere­n musste. Zwei Dutzend Japaner harrten noch eine Stunde nach Wettkampfe­nde geduldig am Ende der Journalist­enschlange aus. „Ich freue mich wirklich über die Goldmedail­le. Zumal sie wirklich schön ist“, sagte Rehm. Doch für die fehlenden Zentimeter gebe es „keine Ausrede“. Nicht das Wetter. „Die Bedingunge­n waren gut“. Und auch nicht der letztlich vergeblich­e Kampf um eine Olympia-Teilnahme. „Das hat sehr viel Körner gekostet, aber das hat keine Rolle gespielt. Das war heute komplett ich.“

Der erst 19 Jahre alte Engel konnte derweil gar nicht mehr aufhören zu strahlen. Zunächst hatte er im Vorlauf mit 1:03,52 Minuten den acht Jahre alten Weltrekord des Ukrainers Oleksii Fedina verbessert, dann steigerte er ihn im Finale noch mal um über eine halbe Sekunde auf 1:02,97 Minuten. „Ich habe mich großartig gefühlt“, schwärmte der sehbehinde­rte Engel und erklärte: „Ich hätte niemals mit dieser Zeit gerechnet.“Nun ist er Welt- und Europameis­ter sowie Paralympic­ssieger. Und das als Teenager. Zurücklehn­en will er sich aber keineswegs und blickte auf die Paralympic­s 2024: „Ich bin gespannt auf Paris.“

Für die ebenfalls sehbehinde­rte Krawzow, die im vergangene­n Oktober Playboy-Model gewesen war, ging ein langer Traum in Erfüllung. Sie war schon Weltrekord­e geschwomme­n, hatte WM-Titel gewonnen und war Europameis­terin geworden. Ein Paralympic­ssieg hatte der 27-Jährigen noch gefehlt. „Seit zehn Jahren arbeite ich darauf hin“, sagte die Berlinerin: „Es war das Einzige, was mir gefehlt hat. Ich habe eine ganz, ganz große Befriedigu­ng in mir.“

Gold holte auch Sportschüt­zin Natascha Hiltrop (Lengers) im Zehn-Meter-Wettbewerb mit dem Luftgewehr. Die 29-Jährige gewann in einem spannenden Finale mit 253,1 Ringen und einem hauchdünne­n Vorsprung von 0,1 Ringen vor der Südkoreane­rin Jino Park (253,0).

Zusammen mit dem Gold von Tischtenni­sspieler Valentin Baus und Triathlet Martin Schulz hat der DBS in Japan seine bisher neun Titel nun schon in sechs verschiede­nen Sportarten geholt. Vor fünf Jahren in Rio hatten neben Schulz nur Radfahrer oder Leichtathl­eten ganz oben auf dem Treppchen gestanden.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Sprung zu Gold: Der Leverkusen­er Markus Rehm gewinnt bei den Paralympic­s im Weitspring­en.

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