Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Das Handwerk kämpft mit Lieferengpässen
Materialschwiergkeiten bremsen in vielen Betrieben den Aufschwung. Dazu kommen Nachwuchssorgen.
BERLIN (dpa) Nicht nur die Industrie, auch die Handwerksbetriebe in Deutschland leiden immer öfter unter Störungen der Lieferketten. Laut einer aktuellen Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) meldeten Ende August fast drei Viertel der Mitgliedsbetriebe, dass Rohstoffe, Materialien oder Vorprodukte in den vergangenen vier Wochen nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar waren. Bei einer Firmenbefragung im Mai waren es noch 61 Prozent gewesen. Am häufigsten fehlten derzeit Metalle, Kunststoffe und Elektronikkomponenten. Holz und Dämmstoffe waren indes wieder besser verfügbar.
„Die wirtschaftliche Erholung unserer Betriebe wird zunehmend durch wieder umfangreichere Störungen der Lieferketten und durch Materialengpässe belastet“, sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer Inzwischen müssen den Angaben nach schon drei von vier Betrieben Aufträge stornieren oder verschieben – oder machen wegen der Preisentwicklung Verlustgeschäfte. „Besonders ärgerlich ist, dass die öffentliche Hand trotz aller Beteuerungen und Appelle bislang die Betriebe weitgehend im Regen stehen lässt.“, kritisierte Wollseifer.
Für Lieferengpässe und Preissteigerungen gibt es verschiedene Gründe: Der Deutsche Industrieund Handelskammertag hatte Mitte August berichtet, laut einer Umfrage hätten viele Unternehmen gestiegenen Nachfrage auf der einen und zu geringe Produktionskapazitäten auf der anderen Seite als Gründe genannt. Dazu kämen Transportprobleme: Containermangel und fehlende Frachtkapazitäten auf Schiffen sorgten für Störungen in den globalen Lieferketten.
Mit Blick auf die Corona-Pandemie sprach das Handwerk von einer „Atempause“in den Sommermonaten. Deutlich weniger Betriebe seien von Umsatzeinbußen betroffen. „Diese „zwischenzeitliche leichte Stabilisierung“dürfe „jetzt auf keinen Fall zunichte gemacht werden“, sagte Wollseifer. „Deshalb müssen wir mit allem Nachdruck beim Impfen weiter vorankommen, um die Arbeitsfähigkeit unserer Betriebe weiter aufrecht zu erhalten und den Forderungen unserer Kunden nachzukommen, die zunehmend nur vollständig geimpfte Handwerkerinnen und Handwerker in ihren Räumlichkeiten tätig werden lassen.“Weil der CoronaImpfstatus
der Beschäftigten nicht bekannt sei und Kunden daher keine gesicherte Auskunft dazu gegeben werden könne, müsse bereits jetzt fast jeder zehnte derart betroffene Betrieb Aufträge stornieren oder verschieben, so der Handwerkspräsident. „Es kann nicht sein, dass die Unkenntnis über den Corona-Impfstatus zu einer spürbaren Gefährdung der Auftragslage unserer Betriebe führt.“In der Bundesregierung ist es derzeit umstritten, ob die Arbeitgeber ein Auskunftsrecht zum Impfstatus ihrer Beschäftigten erhalten sollen.
Schwierig bleibt laut Wollseifer die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Die coronabedingte Verunsicherung scheine bei den Bewerbern stärker und länger anzuhalten als bei den Betrieben, so der Verband. Von den befragten Betrieben, die in diesem Jahr Ausbildungsplätze zu besetzen haben, konnten 44 Prozent bisher ihre angebotenen Lehrstellen noch nicht vollständig besetzen.