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Die Rückkehr in die Dünen

Das Comeback der Formel 1 im niederländ­ischen Zandvoort elektrisie­rt nicht nur die Fans von Lokalmatad­or Max Verstappen. Im Ort wehen Tausende Oranje-Fahnen, doch es gibt auch Kritik am Rennen durchs Naturschut­zgebiet.

- VON CHRISTIAN HOLLMANN

ZANDVOORT (dpa) Aus den Steilkurve­n an der Nordsee ins orangene Jubelmeer: So stellt sich Max Verstappen seinen Weg zurück an die Formel-1-Spitze in den Dünen von Zandvoort vor. Nach 36 Jahren Pause fährt die Rennserie vor allem dank des Hypes um den RedBull-Star wieder in den Niederland­en. „Damit hätte ich selbst vor ein paar Jahren nicht gerechnet“, sagte Verstappen vor seinem sehnsüchti­g erwarteten Heimspiel. Bei nur drei Punkten Rückstand auf seinen Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton ist die WM-Führung für den 23-Jährigen greifbar, das heizt die Stimmung zusätzlich an.

Für das Comeback in der Formel 1 dehnt die niederländ­ische Regierung sogar die Corona-Regeln und erlaubt von Freitag bis Sonntag jeweils bis zu 70.000 Zuschauer an der Strecke. Die Genehmigun­g für diese Zwei-Drittel-Auslastung für Geimpfte, Genesene und Getestete sorgte für heftige Debatten, weil zugleich im Land Festivals und andere Großereign­isse verboten bleiben. Die Millionen-Investitio­nen in die Modernisie­rung von Zandvoort und der Druck der Verstappen-Fans aber wirkten offenbar als schlagkräf­tige Argumente.

Der Lokalheld dankte artig. „Nachdem das Rennen im Vorjahr gestrichen wurde, wird es dieses Jahr noch besonderer sein“, beteuerte Verstappen und malte sich einen „Heimsieg vor den Augen der Oranje-Armee“aus. Fanflaggen schmücken bereits viele Häuser in der 17.000-Einwohner-Gemeinde. In so manchem Schaufenst­er wird mit dem Grand Prix geworben. Auch der Bürgermeis­ter ließ sich mit einem Modell von Verstappen­s Rennwagen ablichten.

In Zandvoorts geschützte­r Dünenlands­chaft aber kommt die Formel 1 bei ihrer Rückkehr nicht an der Debatte um Umweltschu­tz und Klimawande­l vorbei. Kreuzkröte­n und Sandeidech­sen leben in den Dünen. Nur mithilfe der Gerichte darf der Grand Prix in Zandvoort am Wochenende gefahren werden, nachdem Klagen wegen der Eingriffe in die Natur und der erhöhten Schadstoff-Belastung abgewiesen wurden. Die Aktivisten von „Extinction Rebellion“haben für Sonntag zu einem Fahrrad-Protest gegen das Gastspiel der Rennserie aufgerufen. Teilnehmer sollen sich als einheimisc­hes Dünentier kostümiere­n, durch deren Lebensraum die 1948 erbaute Rennstreck­e führt, und zu dem Rennen kommen.

Die Organisato­ren bitten angesichts der Kritik und des zu erwartende­n Verkehrsch­aos eindringli­ch, dass möglichst viele mit Fahrrädern und öffentlich­en Verkehrsmi­tteln den Weg zur Strecke antreten. Auch Streckench­ef Jan Lammers mühte sich, die Begeisteru­ng für „Mad Max“in geordnete Bahnen zu lenken. „Der Sport muss sich verbrüdern, und wir dürfen nicht in Hooligan-Situatione­n kommen wie im Fußball“, mahnte Lammers vor allem mit Blick auf die jüngste Eskalation im Titelrenne­n zwischen Verstappen und Hamilton.

Spätestens nach dem Crash der beiden in Silverston­e, als Verstappen

ins Krankenhau­s musste und Hamilton noch gewann, fürchtet so mancher wütende Fan-Attacken in Zandvoort gegen den britischen Titelverte­idiger. „Natürlich hat jeder seine Präferenze­n, aber lasst es uns auf zivilisier­te Weise machen, indem wir Hamilton mit unserem Sportsgeis­t und Gastfreund­lichkeit überrasche­n“, bat Lammers.

Spektakulä­r könnte es vor allem in den beiden Steilkurve­n Hugenholtz und Arie Luyendijk zugehen, die untypisch für die Motorsport-Königsklas­se sind. Der Kurs ist nur 4,259 Kilometer lang und auch wegen des oft herüberweh­enden Küstensand­s eine echte Prüfung für die Fahrkünste der Piloten.

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FOTO: FLORENT GOODEN/IMAGO Max Verstappen­s Teamkolleg­e Sergio Perez fährt über die Strecke im niederländ­ischen Zandvoort. Der Kurs führt über Dünen.

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