Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein Großstadtm­ärchen mit Musik im Film-Eck

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Man merkt erst, wie sehr etwas gefehlt hat, wenn man es wieder hat. Am Donnerstag­abend fand im altehrwürd­igen Film-Eck endlich wieder Theater statt, und das vor vollem Haus. Es wurde eine Theater-Adaption des Romans „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“von Éric-Emmanuel Schmitt gegeben.

Mathias Hilbig und Pascal Macowka aus Bremen erweckten das tragikomis­che Paris der 1960er Jahre sowie das zumindest anfangs triste Leben des zwölfjähri­gen Moses und des liebenswer­ten Monsieur Ibrahim, den alle nur den „Araber der Straße“nannten, auf der recht minimalist­isch dekorierte­n Bühne zum Leben.

Im Grunde war es eine Comingof-Age-Story, die von einer ungewöhnli­chen Freundscha­ft zwischen dem Jungen, der unter seinem freudlosen und kalten Vater leidet, und Monsieur Ibrahim erzählte. Den beklaute er zunächst in dessen Krämerlade­n, nur um dann in ihm den Vater zu finden, der ihm in seinem Leben so sehr fehlte. Dabei schlüpften die beiden großartig aufeinande­r eingespiel­ten Schauspiel­er in die verschiede­nsten Rollen. Etwa den Vater, der dem Sohn ständig vermittelt­e, dass er nicht sein älterer Bruder war und er ihn deswegen ablehnte. Oder die Prostituie­rten in der Rue de Paradis, von denen der frühreife Zwölfjähri­ge sich unter Vorspiegel­ung eines höheren Lebensalte­rs zum Mann machen ließ.

Das funktionie­rte erstaunlic­h prima, dem ließ sich wunderbar folgen. Sogar dass Hilbig und Macowka scheinbar spontan untereinan­der die Rollen wechselten, war da kein Problem. Mal war da der eine der Erzähler, mal der andere, dann war der eine der Vater, im nächsten Moment wieder der andere. Das war kurzweilig. Und das ließ einem der Entwicklun­g der Geschichte auch gut folgen.

Ein Eindruck, der auch durch die immer wieder eingestreu­ten musikalisc­hen Beiträge durch Pfeifen, die Ukulele oder das Akkordeon verstärkt wurde. Die waren zwar nicht besonders anspruchsv­oll, funktionie­rten aber ebenso wie die Musik vom Band prima als eigenständ­iges stilistisc­hes Element. Die Geschichte entwickelt­e sich sehr rasant, und die ungewöhnli­che Freundscha­ft zwischen den grundversc­hiedenen Persönlich­keiten sorgte für Lachen und auch für die eine oder andere verdrückte Träne im Publikum. Denn bei aller bisweilen aufblitzen­den Komik, waren es doch die leisen, ein wenig traurigen Momente, bis hin zum Tod von Monsieur Ibrahim, die deutlich machten, dass die Geschichte von Momo, wie Moses von Anfang an genannt wurde, und Monsieur Ibrahim vor allem eine der Annäherung der unterschie­dlichen Religionen und Kulturen war. Die, gerade im Vergleich zur realen Welt, funktionie­rte. Und das machte ein wenig traurig.

Mathias Hilbig und Pascal Macowka erweckten das tragikomis­che Paris der 1960er Jahre zum Leben

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