Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Mein kleiner grüner Kürbis
Die Zucchini erfreut sich in der vegetarischen Küche immer größerer Beliebtheit. Dabei wird das Gemüse oft als geschmacklich fad empfunden. In der Low-Carb-Küche ist es aber unentbehrlich.
Sie sieht aus wie eine Gurke, ist aber ein Kürbis: die Zucchini. Genauer gesagt, sitzt die nächste Verwandtschaft des Gewächses in Mittelamerika, in Mexiko und im Süden der USA. Dort wurde bereits vor rund 10.000 Jahren der Gartenkürbis (Cucurbita pepo) angebaut, und eine Unterform davon war eben die Zucchini. Ihren Siegeszug in die Küchen der Welt trat sie aber erst im 16. Jahrhundert an, als Seefahrer den Gartenkürbis mit nach Europa nahmen. In den Ländern rund ums Mittelmeer wussten die Menschen die Pflanze zu schätzen, züchteten sie in verschiedenen Formen und Farben. Dabei kam schließlich im
19. Jahrhundert bei Mailand auch eine Zucchini heraus. In Italien erhielt die Frucht auch ihren bis heute vielerorts gebräuchlichen Namen, der nichts anderes ist als eine Verniedlichungsform von Zucca, dem Wort für Kürbis. Zucchini, gesprochen Zukkini, bedeutet also „kleiner Kürbis“. Übersetzt heißt sie auch so bei den Spaniern, nur lautet der Name für den Kürbis Calabaza, und kleiner Kürbis heißt Calabacín.
Der kleine Kürbis kann allerdings recht groß werden: Wenn man sie nicht früh aberntet, wachsen die Früchte zu Kolossen heran, die mehr als fünf Kilogramm wiegen können. Die Schale wird dabei härter, das Gewebe verholzt und die Kerne prägen sich aus. Ausgewachsen wirkt die Zucchini dann tatsächlich mehr wie ein Kürbis und nicht wie eine Gurke. Derart zu stattlicher Gestalt gereift, lässt sie sich aber dennoch gut geschmort verzehren – allerdings muss man sie von den Kernen befreien. Gut zubereitet, wird sie zart und genießbar. Normalerweise ernten Landwirte die Zucchini, wenn sie noch unreif sind, etwa zehn bis 20 Zentimeter lang und zwischen 100 und 300 Gramm schwer.
Weil sie so einfach anzubauen war und gute Erträge lieferte, schätzten früher vor allem ärmere Bevölkerungsschichten das Gemüse. In der gehobenen Gesellschaft Italiens nannte man die Zucchini daher auch naserümpfend „das Schwein der Armen“, weil sich diese Fleisch nicht leisten konnten. Tatsächlich findet sich die Frucht in unzähligen einfachen Rezepten des
19. Jahrhunderts wieder. Um 1920 brachten italienische Auswanderer die Zucchini zurück in die USA, wo sie sich schnell als fester Bestandteil in der Küche etablierte. Erst seit Mitte der 70er-Jahre wird sie in großen Teilen von Mitteleuropa angebaut, vor allem in Italien und Spanien. In Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien wird die Zucchini übrigens Courgette genannt, abgeleitet von Cucurbita, dem lateinischen Gattungsnamen des Kürbisses.
Wer sich Low-Carb, also kohlenhydratarm ernähren möchte, für den ist die Zucchini ideal. Das Gemüse gehört zu den Lebensmitteln mit dem geringsten Kohlenhydratgehalt. Auf 100 Gramm Zucchini fallen gerade mal 2,1 g Kohlenhydrate (davon 1,6 g Zucker: 0,6 g Glukose und 0,7 g Fruktose) an, insgesamt 19 Kilokalorien (79,5 Kilojoule), 93,9 g Wasser, 0,4 g Fett, 1,6 g Eiweiß und 1,1 g Ballaststoffe (0,2 g wasserlösliche und 0,8 g wasserunlösliche Ballaststoffe). An Mineralstoffen enthält sie 152 Milligramm Kalium, 30 mg Calcium, 25 mg Phosphor, 3 mg Natrium, 1,5 g Eisen, zudem die Vitamine A und C. Immerhin wird bei dem Verzehr von 100 Gramm Zucchini der Eisenbedarf um zwölf sowie der Bedarf an Betacarotin und Vitamin C jeweils um etwa 50 Prozent gedeckt. Generell werden Kürbisgewächsen antioxidative, entzündungshemmende, neuroprotektive und krebshemmende Eigenschaften zugeschrieben; in der Pflanzenheilkunde fanden sie in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder Verwendung.
Allerdings ist bei den Zucchini auch eine gewisse Vorsicht angebracht. Können sie doch toxische Bitterstoffe, sogenannte Cucurbitacine, entwickeln. Der Verzehr von nur geringen Mengen kann schon zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen, auch lebensbedrohliche Komplikationen sind möglich. Die Bitterstoffe können durch Kochen nicht zerstört werden. Sie entstehen in den Früchten durch Umweltstress, also große Hitze oder Temperaturschwankungen, falsche Lagerung oder durch Rückkreuzungen, weil sie in der Nähe von Zierkürbissen gepflanzt wurden. Dies passiert oft beim Anbau im eigenen Garten. Vor dem Essen sollte also immer eine kleine Kostprobe der Zucchini stehen – schmeckt sie extrem bitter, spuckt man den Bissen aus und verzichtet.
Bei den Sorten werden lange, runde und exzentrische Zucchini unterschieden. Während letztere im Supermarkt kaum zu finden sind, zählen die anderen beiden zu den gebräuchlichen. Vor allem lange, dunkelgrün gefärbte Früchte (eine gängige Sorte heißt „Nero di Milano“) findet man am häufigsten, sie können aber auch hellgrün, weiß oder gelb sein. Runde Zucchini eignen sich besonders zum Befüllen. Im Gemüsefach des Kühlschranks hält sich das Gemüse ungefähr eine Woche, es sollte also relativ bald nach dem Kauf zubereitet und verzehrt werden. Wer will, kann Zucchini auch einfrieren; wieder aufgetaut, eignen sie sich aber nicht mehr so gut, um gebraten zu werden, sondern eher für eine Suppe oder Soße.
Essen kann man Zucchini auch roh, deshalb eignen sie sich gut für Antipasti oder Salate, am besten kleingewürfelt oder in dünne Scheiben geschnitten. Die Schale kann dran bleiben, wenn das Gemüse jung geerntet und vor der Zubereitung gut abgewaschen wurde. Zucchini lassen sich wegen ihres milden Geschmacks fast nach Belieben mit anderen Lebensmitteln kombinieren, beispielsweise mit Couscous, Reis, Quinoa oder Nudeln. Wobei sich aus den Früchten mit einem Spiralschneider Nudeln herstellen lassen, sogenannte Zoodles. Menschen mit einer Weizenunverträglichkeit greifen gerne darauf zurück. Die Zoodles kann man entweder roh genießen oder in einer Pfanne mit zwei Esslöffeln Öl in etwa fünf Minuten bissfest garen.
Ansonsten sind bei der Zubereitung von Zucchini der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Das Gemüse lässt sich braten, grillen oder frittieren, für Aufläufe verwenden oder wunderbar füllen. Um Zucchini zu verfeinern, sollte wegen des geringen Eigengeschmacks immer auf gutes Würzen geachtet werden. Beim Grillen reicht etwas Öl und Salz, beim Frittieren etwas darüber geträufelter Saft einer Limette.
Genießbar sind auch die Zucchiniblüten. Sie lassen sich auf Bauernmärkten oder in gut sortierten Supermärkten finden. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Blüten intakt sind, eine leuchtende Farbe besitzen und leicht geöffnet sind. Vor der Zubereitung sollte man Stempel und Staubgefäße entfernen, genauso wie die äußeren Kelchblätter. Dann die Blüte waschen und vorsichtig öffnen. Als Füllung eignet sich, was schmeckt, etwa getrocknete Tomaten, Pilze oder Semmelbrösel. Gegart werden die mit etwas Olivenöl beträufelten Blüten dann auf dem Grill oder im Backofen.