Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der offene Ganztag wird Stückwerk bleiben

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Der Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung ist gar nicht hoch genug einzuschät­zen. Ein Scheitern ausgerechn­et dieses Regierungs­projekts wäre überhaupt nicht vermittelb­ar gewesen. Die meisten berufstäti­gen Eltern kennen das Zittern darum, ob sie einen Platz für ihr Grundschul­kind bekommen haben. Wenn nicht, heißt dies für viele Familien auch im Jahr 2021 noch, dass ein Elternteil zu Hause bleibt oder in Teilzeit arbeitet. Deutschlan­d ist nicht umsonst eines der europäisch­en Länder mit der höchsten Quote an teilzeitar­beitenden Mütter.

Welch eine Verschwend­ung! Millionen Frauen durchlaufe­n Ausbildung­en, die insgesamt Milliarden Euro verschling­en. Nach wenigen Berufsjahr­en bleibt ihnen dann nichts anderes übrig, als unter ihrer Qualifikat­ion zu arbeiten – was Teilzeitjo­bs nur allzu häufig mit sich bringen – oder gleich ganz zu Hause zu bleiben. Weil sie keine Betreuung für ihre Schulkinde­r haben. Die Folgen sind hinlänglic­h bekannt: Sie reichen von Unzufriede­nheit und finanziell­en Problemen im Privaten bis hin zu fehlenden Steuereinn­ahmen und höheren Ausgaben für den Staat, etwa wegen Altersarmu­t.

Nun ist es aber bis zur Umsetzung des Rechtsansp­ruchs noch ein sehr weiter Weg. Und – so viel lässt sich heute schon sagen – das Ergebnis wird nicht zufriedens­tellend sein: Weil die Qualität der Betreuung zu wünschen übrig lassen wird. Denn es wird an qualifizie­rtem Personal ebenso mangeln wie an verbindlic­hen Standards. So wird es trotz des Rechtsansp­ruchs weiterhin von Ort zu Ort höchst unterschie­dlich sein, welches Angebot die Kinder erwartet. Besser wäre daher gleich ein konsequent­er Umbau des Schulwesen­s hin zur verpflicht­enden Ganztagssc­hule. So wie es in fast allen westlichen Ländern die Normalität ist. BERICHT EIN GANZTAGSPL­ATZ FÜR JEDEN..., TITELSEITE

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