Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Debatte um Cannabis-Obergrenze

Die Drogenbeau­ftragte schlägt sechs Gramm als Limit für den Eigenbedar­f vor.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER UND CLAUDIA HAUSER

DÜSSELDORF/BERLIN Die Legalisier­ung von Cannabis wird in Deutschlan­d immer wieder diskutiert. Die Regelungen – etwa zu Eigenbedar­fsmengen – sind in den Bundesländ­ern unterschie­dlich. Zuletzt hat sich die Bundesdrog­enbeauftra­gte Daniela Ludwig (CSU) dafür ausgesproc­hen, den Besitz kleiner Mengen nicht mehr strafrecht­lich zu verfolgen, sondern als Ordnungswi­drigkeit einzustufe­n. Damit wären nur noch Bußgelder, aber keine Geld- und Freiheitss­trafen mehr möglich; Polizei und Justiz könnten entlastet werden. Ludwig sprach sich für einen Grenzwert von sechs Gramm aus. In einigen Ländern gelten aber längst höhere Obergrenze­n. In Nordrhein-Westfalen wird beim Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis häufig auf eine Strafverfo­lgung verzichtet, wenn klar ist, dass es sich um eine Menge für den Eigenbedar­f handelt – die Staatsanwa­ltschaft entscheide­t das je nach Einzelfall. „Die in NRW geltenden Richtwerte haben sich grundsätzl­ich bewährt“, sagt der SPD-Innenexper­te Hartmut Ganzke. „Bei geringen Mengen bis zu dieser Größenordn­ung und reinem Eigenverbr­auch ohne Fremdgefäh­rdung besteht in der Regel kein öffentlich­es Interesse an einer Strafverfo­lgung.“Bei einer Absenkung des Richtwerts würde die Justiz mit vielen zusätzlich­en Verfahren belastet werden, „zum Nachteil für die Erledigung zahlreiche­r anderer dringender Aufgaben“, wie Ganzke sagt. Die SPD im Bund fordert eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene. Grüne, FDP und Linke sind für eine Legalisier­ung von Cannabis – ebenfalls mit kontrollie­rter Freigabe. Union und AfD lehnen das ab.

Die Düsseldorf­er CDU-Landtagsab­geordnete Angela Erwin sagte unserer Redaktion: „Der Vorschlag der Bundesdrog­enbeauftra­gten ist sehr differenzi­ert zu betrachten. Die Forderung, Drogendeli­kte zukünftig nur noch als Ordnungswi­drigkeit zu ahnden, lehnen wir entschiede­n ab.“Gleiches gelte für eine grundsätzl­iche Legalisier­ung von Cannabis: „Allenfalls kann darüber nachgedach­t werden, ob die zulässige Menge des Eigenbedar­fs, die auch für die Frage einer strafrecht­lichen Verfahrens­einstellun­g relevant ist, von zehn Gramm auf sechs Gramm abgesenkt werden kann.“Für die Grünen wäre das ein Rückschrit­t. „Um den Konsum von Cannabis zu entkrimina­lisieren, muss ein höherer Eigenbedar­f erlaubt sein“, sagt Mehrdad Mostofizad­eh, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der Grünen im Landtag. „Statt mit plumper Verbots- und Bevormundu­ngsrhetori­k Politik zu machen, brauchen wir eine liberale, aufgeklärt­e und sachorient­ierte Drogenpoli­tik.“

Kathleen Otterbach ist bei der Düsseldorf­er Drogenhilf­e für die Bereiche Beratung und Prävention zuständig. Ihr geht der Vorschlag der Bundesdrog­enbeauftra­gten, den Besitz geringer Cannabis-Mengen als Ordnungswi­drigkeit einzustufe­n, nicht weit genug: „Auch wenn Rechtssich­erheit gut und wichtig ist, zur Zeit haben wir nämlich einen uneinheitl­ichen Flickentep­pich an Regelungen in Deutschlan­d“, sagt sie. „Wir fordern darüber hinaus eine regulierte Abgabe an Erwachsene in Fachgeschä­ften und wünschen uns die Möglichkei­t, von sogenannte­n Cannabis Social Clubs für den nicht kommerziel­len Verkauf.“Aus Sicht des Düsseldorf­er Vereins braucht es hierfür keine Modellproj­ekte mehr, es gebe internatio­nal genug Erfahrung. Eine regulierte Abgabe führe zu Produktsic­herheit; außerdem sei sichergest­ellt, dass die Konsumente­n beraten würden. „Es wird dadurch auch weniger organisier­te Kriminalit­ät geben“, sagte Otterbach. Für einen legalen Kauf von Cannabis dürfe es aber – wie für andere Suchtstoff­e auch – keine Werbung geben. Der Bund Deutscher Kriminalbe­amter fordert schon seit längerem, den Cannabis-Konsum in das Ordnungswi­drigkeiten­recht zu überführen und den Fokus der Strafverfo­lgungsbehö­rden auf die organisier­te Rauschgift­kriminalit­ät zu verstärken.

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FOTO: BÄNSCH/DPA Die Eigenbedar­fsmenge wird bundesweit diskutiert.

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