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Auffrischu­ng für Ältere ab November

NRW gibt den Startschus­s für die Impfung der über 60-Jährigen. Sie können auch auf Moderna wechseln. Der Abstand zur Grippe-Schutzimpf­ung muss zwei Wochen betragen. Über 80-Jährige bekommen Post vom Gesundheit­sminister.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Kurz vor der Bundestags­wahl wollten die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern den Wählern über 60 Jahren offenbar etwas Gutes tun: Überrasche­nd gaben sie den Startschus­s zu Auffrischu­ngsimpfung­en.

Ab wann ist die Auffrischu­ng für über 60-Jährige möglich?

Ärzte können die Auffrischu­ng sechs Monate nach Ende der ersten Impfserie verabreich­en. Das ist bei Biontech, Moderna und Astrazenec­a sechs Monate nach der zweiten Dosis der Fall, beim Impfstoff von Johnson & Johnson sechs Monate nach der einzigen Dosis. „Im Regelfall sind die 60-Jährigen in NRW frühestens im November mit einer Booster-Impfung dran“, erklärte ein Sprecher von NRW-Gesundheit­sminister KarlJosef Laumann (CDU).

Macht das überhaupt schon Sinn?

Der Virologe Christian Drosten hält Auffrischu­ngsimpfung­en auf breiter Front derzeit noch für überflüssi­g. Auch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) Nordrhein sieht keinen Anlass zur Hektik: „Es gibt absolut keinen Grund, hier in Eile zu verfallen. Die Wirkung der vollständi­gen Immunisier­ung lässt nur langsam nach und ist nicht etwa von heute auf morgen verpufft“, sagte ein KVSprecher. Die KV Westfalen-Lippe verweist darauf, das nach der aktuellen Erlasslage zunächst ohnehin erst die über 80-Jährigen, die Bewohner und Mitarbeite­r von Altenheime­n, Personen mit Immunschwä­che und Pflegebedü­rftige an der Reihe sind. Hinzu kommen Personen aller Altersklas­sen, die bislang ausschließ­lich mit einem Vektorimpf­stoff (Astrazenec­a, Johnson & Johnson) geimpft wurden.

Dürfen Ärzte über 60-Jährige ein drittes Mal impfen, obwohl es noch keine offizielle Empfehlung gibt?

Ja. Die Corona-Impfverord­nung gewähre generell allen Bürgern den Anspruch auf eine Auffrischu­ngsimpfung, betont die KV Nordrhein. Eine Empfehlung dazu sei bei der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) in Arbeit. Die Gesundheit­sministerK­onferenz habe die Personengr­uppen bestimmt, denen vorrangig ein Angebot für eine Auffrischu­ng gemacht werden solle. „Mit dem Beschluss dürfen Ärzte demnach auch Personen über 60 Jahre entspreche­nd impfen – nach vorheriger ärztlicher Beratung und individuel­ler Entscheidu­ng“, so die KV.

Darf man als dritte Dosis auch Moderna nehmen?

Ja, sagt Laumanns Sprecher. Die Auffrischu­ng soll laut Ministerbe­schluss mit einem mRNA-Impfstoff, also mit Comirnaty von Biontech oder Spikevax von Moderna, durchgefüh­rt werden. Der Hintergrun­d ist folgender: Die meisten Bürger haben zwei Dosen von Biontech erhalten. Nun zeigt eine neue Studie aus Belgien, dass Moderna ein höheres Antikörper-Level bewirkt als Biontech, weshalb zahlreiche Bürger in Praxen und bei Apotheken bereits nachfragen, ob sie auch diesen zweiten mRNAImpfst­off für die Auffrischu­ng nehmen dürfen. Wobei die Studie nicht sagt, dass Moderna auch besser gegen Corona wirkt. Die wichtigste Frage – nämlich wie viele T-Zellen gebildet werden – wurde gar nicht untersucht. Die KV Nordrhein erwartet, dass die meisten Älteren als dritte Dosis Biontech erhalten: „Das Angebot in der Praxis wird sich nach den verfügbare­n Impfstoffm­engen richten. Wir gehen davon aus, dass vornehmlic­h der Impfstoff von Biontech verimpft werden wird.“Noch wird Moderna nur an Impfzentre­n oder Kliniken ausgeliefe­rt. Thomas Preis, Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein, erwartet aber, dass ab Oktober, wenn die Impfzentre­n geschlosse­n sind, auch an die Praxen gehen wird.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) rät allen Bürgern über 60 Jahren oder mit bestimmten chronische­n Erkrankung­en, sich gegen die anrückende saisonale Grippe impfen zu lassen. In welcher Reihenfolg­e Influenzau­nd Corona-Impfung erfolgen sollen, ist nicht vorgeschri­eben. „Dazu gibt es keine Reihenfolg­e. Die Stiko empfiehlt nur einen Impfabstan­d von zwei Wochen“, so der Sprecher der KV Westfalen. Das RKI empfiehlt die Grippe-Impfung für Oktober/November. Der Zeitpunkt für die Auffrischu­ngsimpfung gegen Covid-19 richte sich nach der letzten Dosis, betont die KV Westfalen. Beide Impfungen bei einem Arzttermin, was Ärzte und Patienten sich wünschen, ist nach den Regeln der

Stiko derzeit noch nicht möglich. Das bedeutet: Für die über 60-jährigen geht es am schnellste­n, wenn sie zuerst die Grippe-Impfung und dann, nach frühstens zwei Wochen, die Corona-Auffrischu­ng erhalten.

Wie geht es mit den über 80-Jährigen weiter?

Da sie bereits zu Jahresanfa­ng geimpft werden konnten, kommt nun für immer mehr von ihnen der Zeitpunkt der Auffrischu­ng. Auch hier gilt, dass sechs Monate seit der zweiten Dosis vergangen sein müssen. Ansprechpa­rtner ist vor allem der Haus- oder Facharzt. Laumann will den Älteren nun einen Brief schreiben und auf die Möglichkei­t der Auffrischu­ng hinweisen. „Der Brief wird vorbereite­t und dürfte zeitnah verschickt werden“, so das Ministeriu­m.

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In welcher Reihenfolg­e sollen dritte Dosis und Influenza-Impfung erfolgen?

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