Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wahlkampf „aus idealistischen Gründen“
Isabelle Casel tritt bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin im Kreis für die Linken an. Sie möchte sich vor allem für eine andere Friedenspolitik einsetzen. Auch wenn ihre Chancen auf einen Einzug in den Bundestag gering sind.
WERMELSKIRCHEN Vor etwa drei Jahren ist Isabelle Casel mit ihrem Mann in den Kreis gezogen. In Bergisch Gladbach lebt sie jetzt, im eher ländlichen Stadtteil Herkenrath, etwa eine Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt von ihrem alten Wohnort Bonn. Casel – freiberufliche Künstlerin und politische Aktivistin – will in ihrer neuen Heimat einen Ort erschaffen, der all das verbindet, was sie bewegt. Die Kunst. Die Natur. Die Politik. Wie das alles einmal werden könnte, das weiß sie noch nicht. Vielleicht soll es mal ein Atelier geben, vielleicht mal Skulpturen im Garten. Noch gibt es jedenfalls viel zu tun.
Doch die Renovierungen auf dem Grundstück müssen im Moment warten. Denn Casel hat bis zum 26. September anderes vor: Wahlkampf für die Bundestagswahl. Im Februar wurde sie vom Kreisverband der Linken einstimmig zur Direktkandidatin gewählt. Auf der Landeliste ihrer Partei steht sie auf Platz 19. Dass sie nach der Wahl wirklich wirklich im Bundestag sitzen wird, ist unwahrscheinlich. Casel weiß das. „Das schlaucht natürlich, gerade wenn man merkt, dass man im Gegensatz zu den anderen Kandidaten gar nicht richtig wahrgenommen wird und mit seinen bescheidenen ehrenamtlichen Mitteln ganz schön strampeln muss“, sagt sie. Aber sie sagt auch: „ Ich mache es trotzdem, aus idealistischen Gründen. Weil mir die Sache so wichtig ist.“
Die Sache – das ist für Casel der Frieden. Er ist neben der internationalen Politik ihr Hauptthema und der Grund, warum sie überhaupt in die Bundespolitik will. Denn: „Ohne Frieden ergeben auch alle anderen politischen Forderungen keinen Sinn.“Das Bewusstsein, was Krieg bedeute, sagt sie, sei bei vielen Menschen heute aber völlig verloren gegangen. Krieg wird „als Mittel der
Politik“angesehen. Casel sagt, sie möchte sich dafür einsetzen, dass sich das ändert.
Denn was es bedeutet, wenn Menschen nicht in Frieden leben können, das habe sie anhand ihrer Mutter und ihrer Großmutter erleben können, beide durch Krieg traumatisiert und beide nicht imstande, darüber zu sprechen, was ihnen passiert ist. Durch den Zweiten
Golfkrieg und die Unikstreiks dagegen, wird sie während ihres Studiums (erst für eine Zeit lang Volkswirtschaftslehre, dann Kunstgeschichte, Archäologie und Städtebau) in der Friedensbewegung aktiv. Nimmt an Demonstrationen teil. Reist unter anderem in den Nahen und Mittleren Osten, um ihre Texte über ihre Recherchen anschließend deutschen Medien zur Veröffentlichung
anzubieten. Und wird im Jahr 2005 Mitglied der Linken, für die sie sich vor allem aufgrund deren Friedenspolitik entscheidet. Casel möchte, dass alle Einsätze und Manöver der Bundeswehr genauso wie Waffenexporte gestoppt werden. Die NATO nennt sie in einer Rede „ein hirntotes, längst nicht mehr zeitgemäßes Relikt aus dem Kalten Krieg, das dringend ersetzt gehört
durch ein neues System kollektiver Sicherheit.“Das Thema Krieg müsse ihr zufolge aber auch immer zusammen mit dem Klimawandel zusammen gedacht werden. Durch die Produktion und den Export von Waffen und vor allem durch die Kriegseinsätze selbst, werde schließlich immer auch CO2 ausgestoßen, die Umwelt sei ständig gefährdet durch Atomwaffen, die eines Tages potenziell wieder eingesetzt werden könnten.
Für den Frieden möchte sich Casel aber auch direkt im Kreis einsetzen, abseits der Bundespolitik. Durch die Stärkung von Städtepartnerschaften zum Beispiel oder das Bereitstellen von Räumen, in denen sich neue Initiativen und lokale Gruppen bilden können.
Mehr öffentliche Räume, die brauche es laut Casel generell im Kreis. Genauso wie einen Ausbau des ÖPNV und der digitalen Infrastruktur. Ein Nachtflugverbot für den Flughafen Köln-Bonn. Eine bessere Förderung für die Aufforstung der Wälder. Oder flächendeckende Tarifverträge und betriebliche Mitbestimmung. Aber ohne den Frieden? Da sei das alles schließlich nichts.