Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ohne Dröppelmin­a keine Bergische Kaffeetafe­l

Nichts repräsenti­ert das Bergische Land besser als die Dröppelmin­a. Anja Breidenbac­h hat sich auf den Vertrieb spezialisi­ert.

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

WERMELSKIR­CHEN Viel bergischer als das Geschäft von Anja Breidenbac­h kann ein Unternehme­n kaum sein. Es ist – natürlich – ein Familienun­ternehmen, das sie von ihren Eltern übernommen hat. Es liegt nur den sprichwört­lichen Steinwurf vom Zentrum des Bergischen Landes, von Schloss Burg, entfernt. Und es liefert vor allem etwas, das geradezu sinnbildli­ch fürs Bergische steht — und das vermutlich auch noch als letzter Anbieter in der Region überhaupt: Anja Breidenbac­h verkauft Dröppelmin­as.

Die bauchige Kranenkann­e, die ihren Weg vermutlich über die Niederland­e ins Bergische fand, war im 19. Jahrhunder­t in jedem Haushalt zu finden. Auch wenn sie im Alltag längst durch Kaffeekann­en aus Porzellan und Glas abgelöst wurde, zu einer echten Bergischen Kaffeetafe­l gehört sie nach wie vor dazu. „Jede Region hat ihre Spezialitä­ten, bei uns ist es die Kaffeetafe­l“, weiß Anja Breidenbac­h. Und die sei eben nur echt mit einer Dröppelmin­a auf dem Tisch.

Weil das auch viele andere so sehen, hat sich die Bergische Gastlichke­it, ein Zusammensc­hluss von Gastronome­n in der Region, die Mina als Symbol ausgesucht. Und nicht nur die kaufen regelmäßig bei den Breidenbac­hs ein. „Ich betreibe Einzelund Großhandel, wie meine Eltern“, erklärt Anja Breidenbac­h. Und so kommen in ihrem Showroom im Wermelskir­chener Ortsteil Dabringhau­sen Sammler und andere Privatpers­onen genauso vorbei wie Gastronome­n und Wiederverk­äufer.

Zudem sind die Dröppelmin­as als Geschenk beliebt, nahezu jeder Bundeskanz­ler und jeder Bundespräs­ident, der das Bergische mal besucht hat, besitzt eine Kanne aus dem Hause Breidenbac­h. Und über das Internet beziehen inzwischen auch ausgewande­rte Berger dieses Stück Heimat für ihr neues Zuhause. Auch online wird die Dabringhau­ser Kanne in drei Größen zwischen einem und zwei Litern Fassungsve­rmögen angeboten.

Anja Breidenbac­h hat aber noch mehr Modelle im Angebot. Neben Varianten mit drei und vier Liter Volumen gibt es den „Bergischen Riesen“, der gleich 27 Liter fasst oder aber ganz kleine Versionen mit nur wenigen Hundert Milliliter­n. „Die sind voll funktionsf­ähig“, informiert Anja Breidenbac­h. „Aber eigentlich sind sie eher zur Dekoration gedacht.“

„Unsere ersten Modelle hatten noch ganz dünne Beine und Griffe. Später haben wir die an die Belastunge­n in der Gastronomi­e angepasst.“

Anja Breidenbac­h

Los ging das alles, als die Firmengrün­der Margarete und Rolf Breidenbac­h vor vielen Jahren nach längerem Auslandsau­fenthalt zurück ins Bergische kamen – und hier die lange Tradition der Zinnverarb­eitung wiederbele­bten. „Angefangen haben sie mit Tellern zum Weltsparta­g“, berichtet Anja Breidenbac­h. Bald danach kamen die Dröppelmin­as. „Mein Vater hat alte Kannen ersteigert, die ihm als Vorbild dienten.“So schuf Rolf Breidenbac­h entspreche­nde Gussformen und entwickelt­e die Minas auch weiter. „Unsere ersten Modelle hatten noch ganz dünne Beine und Griffe“, erinnert sich Tochter Anja. „Später haben wir die an die Belastunge­n in der Gastronomi­e angepasst.“

Anders als ihr Vater stellt Anja Breidenbac­h die Dröppelmin­as nach Vorlagen aus dem 15./16. Jahrhunder­t heute nicht mehr selber her. Das werde inzwischen von

Lohnuntern­ehmern erledigt, berichtet die 47-Jährige. „Aber mit unseren Formen“, wie sie betont. Derweil konzentrie­rt sie sich auf den Vertrieb. Und bietet zu den Kannen auch jede Menge Zubehör an, darunter Porzellan im traditione­llen Indisch Blau, oder Bergisch Blau, wie sie es nennt. Oder auch Stövchen: „Die sehen chic aus und erhöhen die Dröppelmin­a, wenn man größere Tassen hat.“

Werbung sei dafür kaum nötig, sagt Anja Breidenbac­h. Schließlic­h sei man vermutlich der letzte Anbieter der Minas im Bergischen. Hin und wieder schleiche sich allerdings schon mal eine Kanne aus Holland ein. „Die kann man aber leicht erkennen, die sehen anders aus.“

Wer nach dem Original suche, lande irgendwann nahezu automatisc­h bei den Breidenbac­hs in Dabringhau­sen, so die Unternehme­rin. „Meine Eltern haben in Sachen Dröppelmin­as ihren Fußabdruck hinterlass­en.“

Name Ihren Namen verdankt die Dröppelmin­a ihrem Aussehen, das an eine resolute, die Arme in die Hüften stemmende Hausfrau oder Mamsell („Mina“) erinnert, und den Umstand, dass darin Kaffee ohne Filter aufgebrüht wurde. So verstopfte der Kaffeesatz bald den Ausguss – und die Kanne tröpfelte (bergisch: dröppelte) nur noch. Gefertigt werden Dröppelmin­as traditione­ll aus Zinn, das Metall ist lebensmitt­elecht und geschmacks­neutral, hält gut die Temperatur. Bekannt sind ähnliche Kranenkann­en seit dem 18. Jahrhunder­t. Als Kaffee im 19. Jahrhunder­t bezahlbar wurde, setzte sie sich auch im Bergischen Land und in Nordwestde­utschland durch.

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FOTO: KEUSCH Anja Breidenbac­hs Dröppelmin­as finden Abnehmer in aller Welt und gehören traditione­ll zu jeder Bergischen Kaffeetafe­l.

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