Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Drücker verticken Glasfaser-Anschlüsse
Vertriebspartner der Telekom sind unter anderem in Herrlinghausen unterwegs gewesen. Sie versprechen den Glasfaser-Ausbau, obwohl es dafür keine Planungen gibt. Die Stadt spricht von unseriösen Angeboten.
Vertriebspartner der Telekom versprechen GlasfaserAusbau, obwohl es keine Planungen gibt. Die Stadt spricht von unseriösen Angeboten.
HERRLINGHAUSEN Da sind die „Kundenberater“der Telekom aber an die Richtige geraten. Als es am vergangenen Freitag an der Tür von Petra Sprenger in Herrlinghausen klingelte, öffnete sie freundlichskeptisch, denn der Mann wollte ihr einen Glasfaser-Anschluss der Telekom verkaufen. Nicht wissend, dass sie einen VDSL-Anschluss hat und gleichzeitig top informiert ist, wie es um den Glasfaser-Ausbau in Tente und den Hofschaften steht. Was aber noch schlimmer war: Der Mann lockte mit Informationen, die überhaupt nicht zutrafen.
Der „Kundenberater“behauptete ganz offen, dass Novanetz es nicht schaffen werde, Glasfaser bis nach Tente zu legen. „Darauf brauchen Sie nicht zu warten“, soll er Petra Sprenger gesagt haben. Wobei eigentlich Novanetz schon viele Vorverträge abgeschlossen hat und nur im Bereich entlang der B 51 schwächelt. „Dann sagte er mir, dass die Telekom in ein, zwei Jahren Glasfaserkabel bis an Haus verlegt. Das wiederholte er dann auch im Beisein meines Mannes.“Dann legte er ihnen laut Sprenger nahe, sich vormerken zu lassen, indem sie sich einen Verteileranschluss legen lassen – dann wäre später die 800-Euro-Anschlussgebühr nicht fällig.
All das erzählte der „Berater“, ohne ihr etwas schriftlich in die Hand zu geben. Und da Petra Sprenger neugierig ist, schloss sie den Vertrag ab. Und bekam wenige Tage später alles schriftlich.
„In dem Vertrag stand nichts von Glasfaser in ein bis zwei Jahren. Es war der gleiche Vertrag, den wir vor einem Jahr schon einmal abgeschlossen haben. Das war ein VDSLAnschluss mit 175 mbits. Der einzige Unterschied heute: Er war um 15 Euro im Monat teurer.
Für das Ehepaar Sprenger war klar: Das war alles Humbug, was der „Kundenberater“erzählt. „Wir haben den Vertrag natürlich sofort widerrufen“, erzählt sie im Gespräch mit der Redaktion. Sie wisse, dass diese „Drückerkolonne“durch Herrlinghausen
und Löh gelaufen sei und dort wohl auch Verträge abgeschlossen habe. „Ich kann nur allen raten, die zu widerrufen. Denn das Verteilersystem ( Vectoring) der Telekom ist nichts Neues: Glasfaser gibt es nur bis zum Verteiler, danach ist Kupfer. Und das ist lahm.“Schon im März waren die Kundenberater unterwegs in den Hofschaften.
Die Telekom bestätigte, dass Kundenberater im Auftrag der Telekom unterwegs waren. Es handelte sich mit Mitarbeiter des Vertriebspartners Ranger Marketing. Sie seien mit einer Regel-/ Bestandskundenvermarktung der Produkte und Tarife beauftragt gewesen, so Telekom-Sprecher George-Stephen McKinney. Zu den Äußerungen des Kundenberaters, die Telekom verlege in ein bis zwei Jahren in diesem Ortsteil Glasfaserkabel, sagte der Sprecher: „Für einen eigenwirtschaftlichen und flächendeckenden Glasfaserausbau in Wermelskirchen gibt es aktuell keine Planungen.“
Auch zu den Abschlussgebühren sagte er, dass „die Kopplung der Tarifbuchung mit einem künftigen Erlass der o.g. Anschlusskosten von 800 Euro nicht zulässig ist und daher auch nicht praktiziert wird“.
Für die Innenstadt seien Planungen im Gange, so McKinney. „Sobald
wir belastbare Informationen haben, werden wir diese kommunizieren.“Die Unannehmlichkeiten und Irritationen, die Petra Sprenger gehabt habe, bedauert die Telekom. „Wir haben unseren Vertriebspartner über den vorgetragenen Sachverhalt informiert. Sofern das wie geschildert abgelaufen ist, entspricht das nicht den Vorgaben der Telekom. Für den identifizierten Mitarbeiter bedeutet es, dass ein Personalgespräch geführt wird“, so der Sprecher. Das kann Nachschulungen bis zu Sanktionen zur Folge haben. Wobei der Sprecher auch sagt, dass Kunden von ihrem Rücktrittsrecht ohne Einschränkung Gebrauch machen können. Zudem müsse man ja nicht die Tür öffnen.
Befremden herrscht auch in der Stadtverwaltung angesichts dieses Handelns der Telekom-Vertriebspartner. „Das ist ein unseriöses Angebot“, sagte Florian Leßke auf Anfrage der Redaktion. Der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung war von
„Das ist ein unseriöses Angebot“
Florian Leßke Amt für Stadtentwicklung
Petra Sprenger informiert worden. „Wie kann man solche Angebote über Dinge machen, die gar nicht kommen.“
Er sagte deutlich, dass die Stadt informiert sei, dass die Telekom in den Außenorten wie Herrlinghausen keinen Glasfaser-Ausbau anstreben. „Wer mit dieser Falschinformation hausieren geht, verbaut letztlich den Anwohnern die Chance, bei Novanetz abzuschließen.“Denn wenn die Firma nicht die Quote erreiche, wird es kein Glasfasernetz geben. „Die Bedeutung von Glasfaser für diese Ortsteile von Tente bis Hilgen ist klar: Letztlich geht es auch um Wertsteigerung der Immobilie“, so Leßke. Und wenn Novanetz nicht komme, dann wird es für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte keinen Glasfaser-Ausbau geben. Denn Novanetz komme von Leichlingen hoch und wolle auch das Stadtgebiet an der B 51 sowie rechts und links daneben erschließen – mit Glasfaser bis zur Haustür.