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Lohnstopp für Ungeimpfte in Quarantäne
Bislang erhalten Arbeitnehmer in Quarantäne eine Lohn-Entschädigung vom Staat. Das will NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann für Ungeimpfte ändern. Die Arbeitgeber begrüßen den Plan. Die IG Metall lehnt ihn ab.
DÜSSELDORF NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will den Druck auf Impfmuffel erhöhen. Er sprach sich dafür aus, ungeimpften Arbeitnehmern im Falle einer Quarantäne die Lohnentschädigung zu streichen. „Wir müssen entscheiden: Wollen wir ungeimpften Leuten, wenn sie in Quarantäne gehen, weiterhin die Lohnfortzahlung geben?“, fragte Laumann am Donnerstag im Landtag. „Ich bin dafür, dass wir sie ihnen nicht mehr geben.“Wer sich die Freiheit nehme, sich nicht impfen zu lassen, müsse für die Konsequenzen auch in vollem Umfang persönlich einstehen. Er werde in den nächsten Tagen entscheiden. Rheinland-Pfalz geht bereits voran: Wer eine behördliche Anweisung zur Quarantäne erhält und nicht geimpft ist, hat ab Oktober keinen Anspruch mehr auf Lohnentschädigung.
Ähnlich äußerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er könne es sehr gut nachvollziehen, wenn ungeimpfte Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung hätten, falls sie in Quarantäne müssten. Spahn verwies auf die hohen Kosten, die dem Steuerzahler entstünden für jemanden, der sich hätte impfen lassen können. Die Verantwortung für eine entsprechende Regelung liege bei den Ländern.
Im Infektionsschutzgesetz ist geregelt, dass Arbeitnehmer bei Verdienstausfällen wegen Quarantänen grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung haben. Zugleich werden die Länder ermächtigt, einen anderen Passus des Gesetzes zu aktivieren: „Eine Entschädigung erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein Risikogebiet eine Absonderung hätte vermeiden können“, heißt es in Paragraf 56. Auch Quarantänen nach Urlaubsreisen können für Ungeimpfte künftig teuer werden.
Bundesweit wurden im Zusammenhang mit der Pandemie bislang 458 Millionen Euro an Entschädigung in der Quarantäne gezahlt, alleine in NRW sind es 120 Millionen Euro. Der Arbeitgeber streckt das Geld zunächst vor, kann sie sich aber von den Landschaftsverbänden erstatten lassen. Am Ende zahlt also der Steuerzahler.
Der Arbeitgeberverband NRW begrüßt die Pläne. „Arbeitgeber dürfen keine einseitigen Nachteile dadurch haben, weil sich einzelne Beschäftigte nicht impfen lassen wollen. Das bedeutet auf Dauer auch: Wer nicht geimpft ist und deswegen in Quarantäne muss, kann weder von der Allgemeinheit noch vom Arbeitgeber eine Weiterzahlung seiner Vergütung verlangen“, sagte Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer des Verbands Unternehmer NRW. Er will keine Impfpflicht: „Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen will.“Pöttering appellierte aber an alle Beschäftigten, sich impfen zu lassen, um sich und andere zu schützen.
Die Gewerkschaften lehnen den Vorstoß hingegen ab. „Ich bezweifle, dass die ständige Erhöhung des Drucks auf Ungeimpfte deren Impfbereitschaft erhöht. Und es ist sicher auch nicht hilfreich, wenn die Konflikte in den Betrieben dadurch zunehmen“, sagte Knut Giesler, Chef der IG Metall in NRW. „Wir sollten vielmehr weiter daran arbeiten, die Unentschlossenen und Zögernden von der Notwenigkeit einer Impfung zu überzeugen und ihnen dann niedrigschwellige Angebote machen.“Nicht alle Ungeimpften seien Querdenker oder Verschwörungsgläubige.
Zugleich fordern die NRW-Arbeitgeber, dass die Betriebe ihren Mitarbeitern nicht länger kostenlose Tests zur Verfügung stellen müssen: „Wenn der Staat nun bald die Bürgertests einstellt, ist es folgerichtig, auch die kostenlose Testangebotspflicht für die Arbeitgeber zu beenden“, so Pöttering. Ab 11. Oktober will der Bund den Anspruch auf Gratis-Bürgertests einschränken. Anspruch sollen dann nur noch Personen haben, die nicht geimpft werden können – wie Kinder unter zwölf Jahren. Kontaktpersonen von Infizierten können sich weiter kostenlos testen lassen. Für Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren soll es eine Übergangsfrist bis 30. November geben, so sieht es der Entwurf von Spahn vor. An der Verpflichtung der Arbeitgeber, regelmäßig kostenlose Tests zur Verfügung zu stellen, soll sich hingegen nichts ändern.