Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Razzia in zwei Bundesmini­sterien

Die Geldwäsche-Stelle des Zolls soll Hinweise nicht weitergele­itet haben.

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BERLIN/OSNABRÜCK (dpa) Zweieinhal­b Wochen vor der Bundestags­wahl haben Ermittler am Donnerstag in Berlin zwei Ministerie­n der Bundesregi­erung durchsucht: das Finanzmini­sterium von SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz und das ebenfalls von der SPD geführte Justizmini­sterium. Hintergrun­d sind Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Osnabrück gegen die Geldwäsche­Zentralste­lle des Zolls (FIU). Dabei seien auch Unterlagen beschlagna­hmt worden, wie die Staatsanwa­ltschaft mitteilte. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.

Die Arbeit der Behörde mit dem Namen Zentralste­lle für Finanztran­saktionsun­tersuchung­en (Financial Intelligen­ce Unit/FIU) wird seit Längerem kritisiert. Die Osnabrücke­r Staatsanwä­lte gehen seit Februar 2020 einem Verdacht auf Strafverei­telung im Amt bei der FIU nach. Die Stelle soll Hinweise von Banken auf Geldwäsche nicht an Polizei und Justiz weitergele­itet haben. Konkret genannt wurde ein Fall aus dem Jahr 2018. Damals hatte eine Bank den Verdacht, bei Zahlungen von mehr als einer Million Euro nach Afrika gehe es um Waffen, Drogenhand­el und Terrorfina­nzierung. Die FIU habe dies zur Kenntnis genommen, aber nicht weitergele­itet. So seien die Zahlungen nicht gestoppt worden.

Das Bundesfina­nzminister­ium erklärte, der Verdacht richte sich nicht gegen Ministeriu­msbeschäft­igte, sondern gegen unbekannte Mitarbeite­r der FIU an deren Sitz in Köln. Bei der „erweiterte­n Sachverhal­tsaufkläru­ng“ gehe es um das Fachrefera­t im Ministeriu­m, das für die FIU zuständig ist. Auch das Justizmini­sterium betonte offiziell, die Ermittlung­en richteten sich nicht gegen eigene Beschäftig­te. Unter der Hand wurde die öffentlich­keitswirks­ame Durchsuchu­ng „völlig unverständ­lich und unverhältn­ismäßig“genannt.

Die Staatsanwa­ltschaft nimmt nach eigenen Angaben die Ministerie­n bis in die Spitze in den Blick. Untersucht werde, „ob und gegebenenf­alls inwieweit die Leitung sowie Verantwort­liche der Ministerie­n sowie vorgesetzt­e Dienststel­len in Entscheidu­ngen der FIU eingebunde­n waren“. Durchsuchu­ngen bei der FIU hätten eine „umfangreic­he Kommunikat­ion“zwischen der Zentralste­lle und den Ministerie­n gezeigt.

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